Die Impf-Charity der G7

Kurt Stenger über das Wegducken der reichen Staaten

Charity-Veranstaltungen sind oft Galas, bei denen die im Überfluss Lebenden etwas für gute Zwecke abgeben. Hinter dem eigentlichen Anlass stehen aber noch ganz andere Motive: Die Spender erleichtern ihr Gewissen und sie wirken mit Freiwilligkeit politischen Forderungen nach staatlicher Umverteilung entgegen. Strukturelle Ungerechtigkeiten beseitigt der Tropfen auf den heißen Stein natürlich nicht. Dass die Gruppe der sieben Industriestaaten (G7) jetzt ihre Impf-Schatullen für arme Länder öffnen wollen, ist genau das: eine gute und wichtige Aktion, die aber auch die Unzufriedenheit in den eigenen Reihen beruhigen und den stark gewachsenen Druck der Zivilgesellschaft dämpfen soll.

Das Entscheidende: Die globalen Probleme bei der akuten Pandemie-Bekämpfung löst die G7 damit nicht. Wir haben ja die Situation, dass ausgerechnet die Staaten, die nicht mit Wirtschaftshilfen, Kurzarbeitergeld und sozialstaatlichen Mitteln die Folgen längerer Lockdowns gut abfedern können, beim Impfen ganz am Anfang stehen. Während die reichen Staaten gut vorankommen in Richtung von so etwas wie Herdenschutz, verschärft sich bei anderen neben der Infektionslage auch die soziale Krise massiv. Die Umverteilung von einer Milliarde Impfdosen durch die G7 würde als Sofortaktion viel Druck vom Kessel nehmen, doch als vage Ankündigung bis Jahresende hat sie eben nichts mit Nothilfe zu tun.

In diesen zeitlichen Dimensionen gedacht, geht es um ganz andere Mengen. Wie diese möglichst schnell produziert und verteilt werden können, ist die Herausforderung, für die es zeitnahe Weichenstellungen braucht. Ob mit einem UN-Verteilmechanismus, mehr Herstellerkooperation, Zwangslizenzen oder Patentfreigabe ist zweitrangig. Die G7 und die G20 mit weiteren wichtigen Herstellern wie China, Indien und Russland müssen das aber jetzt in Angriff nehmen. Klar ist: Mit einer einmaligen Impfstoff-Charity ist der Welt nicht geholfen.

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