Die duale Berufsausbildung in Teilzeit

Fragen & Antworten zu einem wenig bekannten Arbeitsmodell

  • Sabine Meuter
  • Lesedauer: 4 Min.

Ein Beschäftigungsverhältnis in Teilzeit - dieses Arbeitsmodell ist bekannt. Nicht aber: Auch eine duale Berufsausbildung ist in Teilzeit möglich. Seit dem Jahr 2005 steht dieser Weg allen offen, die eine Ausbildung mit familiären Verpflichtungen vereinbaren wollen. Seit Januar 2020 kann nun jeder Teilzeit-Azubi werden - vorausgesetzt, der Ausbildungsbetrieb macht mit.

Habe ich einen Anspruch auf Ausbildung in Teilzeit?

»Ein einseitiger gesetzlicher Anspruch auf eine Teilzeitausbildung besteht nicht«, stellt Anette Fischer-Peters, Volljuristin beim Bundesinstitut für Berufsausbildung (BIBB) in Bonn klar. Was heißt: Der Ausbildungsbetrieb ist nicht dazu verpflichtet, in Teilzeit auszubilden - der Betrieb muss auf freiwilliger Basis mitmachen.

Für wen bietet sich die Ausbildung in Teilzeit an?

»Eine Ausbildung lässt sich gegebenenfalls besser mit der persönlichen Lebenssituation vereinbaren, wenn sie in Teilzeit erfolgt«, erklärt Anette Fischer-Peters dazu. So kann man etwa Familie und Ausbildung aufeinander abstimmen. Bis Ende 2019 konnte dieses Modell nutzen, wer Kinder oder einen pflegebedürftigen Angehörigen zu betreuen hatte. Seit 2020 haben nunmehr auch zum Beispiel Menschen mit Behinderung, Lernbeeinträchtigte oder Geflüchtete die Möglichkeit, eine Teilzeitausbildung zu absolvieren. Gleiches gilt für all jene, die nebenher noch einer Arbeit nachgehen.

»Oft ist auch ein Umstieg von einer Ausbildung in Voll- auf Teilzeit möglich«, sagt Anette Fischer-Peters. Wer seine Ausbildung also zum Beispiel unterbrechen musste, kann in Teilzeit wieder einsteigen.

Ist es schwieriger, einen Ausbildungsplatz in Teilzeit zu finden?

»Aktuell ja, weil das Modell Ausbildung in Teilzeit noch nicht so bekannt ist«, erläutert Alessia Gordienko, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt (BCA) beim Jobcenter Spandau in Berlin. Wer an einer Ausbildung in Teilzeit interessiert ist, sollte mit dem Wunsch-Ausbildungsbetrieb ein persönliches Gespräch führen und die Gründe für die Teilzeit darlegen. »Wenn Vorgesetzte dann merken, dass jemand vor ihnen sitzt, der oder die hochmotiviert und interessiert ist, dann lassen sie sich oft von dem Teilzeit-Modell überzeugen«, beschreibt Alessia Gordienko seine Erfahrungen.

Wie lässt sich die Ausbildungszeit in Teilzeit gestalten?

Eine Ausbildung in Teilzeit verkürzt ausschließlich die betriebliche Ausbildungszeit, nicht die Zeit an der Berufsschule. »Möglich ist, die Arbeitszeit täglich oder wöchentlich zu reduzieren«, sagt Anette Fischer-Peters. Hier sind individuelle Absprachen mit dem Ausbilder zu treffen. Also zum Beispiel pro Arbeitstag statt acht nur vier Stunden. Oder statt einer Fünf-Tage-Arbeitswoche nur eine 2,5-Tage-Arbeitswoche. Eine Reduzierung der normalen Ausbildungszeit über 50 Prozent hinaus ist nicht erlaubt.

Beeinflusst die Teilzeit die Dauer der Ausbildung?

Ja, je nachdem, wie viele Arbeitsstunden Azubi und Betrieb vereinbaren, kann sich die Gesamtdauer der Ausbildung bis zum Abschluss verlängern. Wer mindestens 20 Stunden pro Woche in der Firma und in der Berufsschule verbringt, bei dem verlängert sich die Ausbildungsgesamtdauer um ein halbes Jahr. Maximal aber darf eine Ausbildung in Teilzeit 1,5 Mal so viel Zeit in Anspruch nehmen wie die Vollzeitausbildung. »Konkret bedeutet das, dass ein Azubi in Teilzeit bei einer regulär dreijährigen Ausbildung nach spätestens 4,5 Jahren seinen Abschluss macht«, sagt Alessia Gordienko. Allerdings ist eine längere Ausbildungsdauer nicht zwingend. Wer mindestens 25 Stunden pro Woche im Betrieb und in der Berufsschule verbringt, für den verlängert sich die Ausbildung in der Regel nicht.

Und was ist mit der Berufsschule?

In Teilzeit verkürzt sich ausschließlich die betriebliche Ausbildungszeit, nicht die in der Berufsschule. Auch sind die Unterrichtsstunden in der Berufsschule fest vorgegeben, individuelle Absprachen sind hier in aller Regel nicht möglich. »Azubis, die zum Beispiel ein Kind zu betreuen haben, sollten dies bei ihren Planungen berücksichtigen«, rät Gordienko. Gegebenenfalls kann das Jobcenter bei der Suche nach einem Betreuungsplatz für das Kind helfen.

Wirkt sich die Teilzeitausbildung auf die Vergütung aus?

In aller Regel ja. Der Ausbildungsbetrieb kann die Vergütung anteilig verringern. »Die prozentuale Verringerung muss aber in jedem Fall angemessen sein und nicht höher als die prozentuale Kürzung der Arbeitszeit«, sagt Anette Fischer-Peters. Damit kann es zu einer Unterschreitung der monatlich zu gewährenden Mindestausbildungsvergütung kommen, was bei einer Teilzeitausbildung aber zulässig ist. Für Azubis in Vollzeit, die im Jahr 2020 starten, ist eine gesetzliche Mindestvergütung von 515 Euro monatlich festgelegt.

Und wenn das Geld nicht reicht?

Azubis in Teilzeit haben die Möglichkeit, bei der Arbeitsagentur zusätzliche Leistungen zu beantragen. »Das kann eine Berufsausbildungsbeihilfe, Kindergeld oder etwa Wohngeld sein«, sagt Alessia Gordienko. Wer finanzielle Hilfe benötigt, sollte sich an die zuständige Agentur für Arbeit wenden. dpa/nd
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