Quallen als Superfood?

Meeresforscher suchen neue Nahrungsquellen

  • Lesedauer: 2 Min.

Für Badegäste an Nord- und Ostsee sind Quallen eine unangenehme, manchmal sogar giftige Plage und gegessen werden die Medusen in Europa auch nicht. Trotzdem erforscht das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen, ob nicht künftig die vermehrungsfreudigen Quallen als Nahrung taugen können.

»Zwar bestehen Quallen zu rund 97 Prozent aus Wasser, ihre Trockenmasse hat aber ein interessantes Nährwertprofil, das dem anderer Meeresfrüchte gleicht«, sagt der Meeresbiologe Holger Kühnhold vom ZMT. Quallen seien fettarm, ihr Eiweiß habe einen hohen Anteil an essenziellen Aminosäuren. »Sie enthalten außerdem viele Mineralstoffe und mehrfach ungesättigte Fettsäuren.«

Im Prinzip komme auch die einheimische Ohrenqualle als Nahrung infrage und sogar die Nesselquallen nach Entfernung der Nesseln, sagte Kühnhold. In seinen Aquarien am ZMT züchtet er aber die tropische Mangrovenqualle. Auch zu Seegurken und einer Algenart namens Meerestraube wird geforscht.

Italienische Forscher haben schon ein Kochbuch verfasst, wie Qualle in ihre Küche passen könnten - Tagliatelle mit Qualle zum Beispiel. Kühnhold erwartet eher, dass die Meerestiere für Europäer »als kalorienarmes Superfood in Form von Chips oder Proteinpulver attraktiv werden«.

Zur Nutzung von Quallen lässt auch die EU in dem Projekt GoJelly forschen. Daran arbeiten das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und die Uni Kiel mit. »Qualle wird in Ostasien seit Tausenden Jahren gegessen«, sagt Jamileh Javidpour, die am Geomar und in Odense (Dänemark) forscht.

Für Kühnholds Forschungen spielen zwei Überlegungen eine Rolle. Zum einen gedeihen Quallen dort besonders gut, wo der Mensch das maritime Ökosystem bereits geschädigt hat. »Im Vergleich zu vielen anderen Meeresbewohnern kommen Quallen generell mit sehr geringen Sauerstoffkonzentrationen zurecht.« Die Wassererwärmung rege ihre Vermehrung an. Für die Zukunft seien also mehr Quallen zu erwarten.

Zum anderen gewinne der Mensch Nahrung aus dem Meer sehr ineffizient. »Im Meer ist es so, dass wir von oben her die Nahrungskette nutzen«, sagt Kühnhold. Gefangen werden große Raubfische, die viele kleine Fische fressen müssen, um zu wachsen. Die Quallen weit unten in der Kette brauchen keine Nahrung, die für Menschen nutzbar wäre. Je knapper Nahrungsressourcen an Land künftig werden, desto besser müssten die Möglichkeiten aus dem Meer genutzt werden. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.