Die Wehrmacht wacht in Kiew

Heroisierung und fatale Tradition: Ein neuer Deutscher Reichskalender aus dem Bundesarchiv Berlin

  • Gerhard Oberkofler
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Bundesarchiv Berlin hat mit originalen Vorlagen aus seinem Bildarchiv einen Wandkalender für das Jahr 2021 hinausgegeben. Die gut wiedergegebenen Fotos sind für Januar: 1871 Festlicher Empfang für die deutschen Truppen in Berlin; Februar: 1881 Vermählung des Prinzen Wilhelm von Preußen mit Auguste Viktoria; März: 1891 Expedition zum Kilimandscharo kurz nach der Proklamation Deutsch-Ostafrikas zur Reichskolonie; April: 1901 Erster Nobelpreisträger für Medizin Emil von Behring; Mai: 1911 Demonstration für das Frauenwahlrecht; Juni: 1921 Ermordung des Reichsfinanzministers Matthias Erzberger; Juli: 1931 Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise; August: 1941 Deutscher Wachtposten in Kiew; September: 1951: Konrad Adenauer und André François-Poncet kurz vor der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl; Oktober: 1961 Beginn des Mauerbaus in Berlin; November: 1971 Unterzeichnung des Transitabkommens zwischen der Bundesrepublik und der DDR; Dezember: 1981 Demonstration gegen atomare Nachrüstung.

Auf dem letzten Blatt des Kalenders werden die kurzen Inventarlegenden des Bildarchivs abgedruckt, so zum Januarbild: »Der Einzug der siegreichen deutschen Truppen durch das Brandenburger Tor Berlin 1871«. Die vielleicht doch etwas irritierende Inventarlegende zum Augustbild »An der Front in der Sowjetunion« wird für den Kalender zum Heil der Gegenwart umgeschrieben in »Deutscher Wachtposten in Kiew«. Das ist besonders aussagekräftig, weil damit vermittelt werden soll, dass deutsche Wachtposten in der Gegenwart auf Kiew wieder aufpassen wollen und sollen. Deutschland ist seit 1989 »deutsch« geworden, seit dem sozialistischen Experiment in einem Teil von Deutschland ist es wieder offen militaristisch und will vor allem herrschen. Das diese Ambitionen von korrumpierten Historikern begleitet werden, hat seit Wilhelm II. Tradition.

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