Hardliner Raisi wird Irans nächster Präsident

Der Wunschkandidat des Wächterrats gewinnt fragwürdige Wahlen mit niedriger Beteiligung

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Wahlbeteiligung bei den Präsidentschaftswahlen spricht Bände: Historisch niedrige 48,8 Prozent der Wahlberechtigten in Iran nahmen ihr Recht wahr - 2017 lag die Beteiligung fast 25 Prozentpunkte darüber.

Vor der Wahl am 18. Juni hatte es in der iranischen Öffentlichkeit massive Kritik gegeben; in sozialen Netzwerken war zum Wahlboykott aufgerufen worden. Der Hauptvorwurf: Ebrahim Raisi habe die Wahl vorab zu seinen Gunsten manipuliert. Denn der Wächterrat, dessen zwölf Mitglieder jeweils zur Hälfte von Raisi in seiner Eigenschaft als Justizchef und vom obersten Revolutionsführer Ali Khamenei ernannt wurden, hatte von den weit über 600 Bewerber*innen ursprünglich sieben Kandidaten durchgewinkt. Am Wahltag waren neben Raisi nur noch drei weitere Kandidaten übrig geblieben, von denen alle bis auf einen entweder aus dem Umfeld der Revolutionsgarden oder des Ajatollahs stammen. Zentralbankchef Abdolnaser Hemmati, der als moderater Technokrat gilt, aber in der Öffentlichkeit für den Wertverfall des iranischen Rial verantwortlich gemacht wird, erhielt 8,3 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Raisi wird im August die Präsidentschaft von Hassan Ruhani übernehmen, der nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten durfte. Sowohl Ajatollah Khamenei als auch Raisi haben sich hinter das Atomabkommen gestellt, wollen an den Verhandlungen mit den USA festhalten. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen nun erheblich verschlechtert: Raisi soll Ende der 80er Jahre zu einer Gruppe von vier Richtern gehört haben, die mehr als 5000 Todesurteile gegen Regimegegner*innen verhängte. Die US-Regierung hat deshalb Sanktionen gegen ihn verhängt. Zudem ist Raisi auch ein Verfechter der Unterstützung von bewaffneten Gruppen wie der Hisbollah, der Hamas oder den Huthi-Milizen in Jemen durch die Revolutionsgarden.

Innenpolitisch wird der neue Präsident vor enormen Herausforderungen stehen: Die Gesellschaft ist gespalten; vor allem junge Iraner*innen fordern mehr Freiheiten, demonstrierten in den vergangenen Jahren immer wieder dafür. Und Raisi steht für das genaue Gegenteil. Als Justizchef setzte er drakonische Urteile gegen Demonstrant*innen durch, forderte in Reden immer wieder eine »Rückkehr zu den Werten der islamischen Revolution« ein. Es ist also damit zu rechnen, dass Raisi die wenigen Reformen, die sein Vorgänger durchsetzen konnte, wieder rückgängig machen wird. Gleichzeitig wird er aber auch Lösungen für Corona-Pandemie finden und die Wirtschaftskrise in Griff bekommen müssen, die viele Iraner*innen in tiefe Armut gestürzt hat. Die Fallzahlen sind nach wie vor hoch; Impfstoffe sind rar, nur um die fünf Prozent der Menschen haben eine erste Impfung erhalten. Im Wahlkampf beschränkte sich Raisi auf allgemeine Versprechen. Konkrete Pläne stellte er aber nicht vor.

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