Politischer Sieg trotz Strafe

Amtsgericht München verurteilt Aktivisten Kerem Schamberger

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Amtsgericht München hat den Aktivisten und Linke-Politiker Kerem Schamberger am Dienstag zu einer Zahlung von 3150 Euro Strafe verurteilt. »Ich wurde zwar verurteilt, trotzdem haben wir politisch gewonnen, weil wir im Dezember 2020 auch in Bayern das Zeigen von YPG/YPJ-Fahnen durchsetzen konnten«, erklärte der Aktivist nach dem Prozess. Die Verurteilung sei letztlich nur »politisch motivierter Beifang« der Staatsanwaltschaft gewesen, die sich so an ihm habe »rächen« wollen, vermutete der Kommunikationswissenschaftler.

Was war passiert? Seit 2017 wurde gegen Schamberger wegen seiner Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung immer wieder ermittelt. Zahlreiche Verfahren wegen des Zeigens der Symbole der nordsyrischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ führten im November 2017 zu einer Hausdurchsuchung. Die Staatsanwaltschaft musste die Ermittlungen jedoch einstellen, nachdem das Bayerische Oberste Landesgericht Anfang Dezember 2020 geurteilt hatte, dass YPG/YPJ-Fahnen nicht verboten sind. »Eine Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft München und ein Erfolg für politisch aktive Kurden und ihre solidarischen Unterstützer«, erklärte Schamberger.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm diesen Affront offenbar nicht verziehen und daraufhin »alles gesammelt, was sie meinten gegen mich vorbringen zu können«, so der Aktivist. Die Vorwürfe: Schamberger hatte nach der Hausdurchsuchung auf Facebook eine namentlich nicht genannte Polizeibeamtin als »bekannt für ihre türkisch-nationalistische Gesinnung« bezeichnet. Das Gericht wertete dies als »üble Nachrede«. Ein weiterer Vorwurf lautete »verbotene Mitteilung über Gerichtssachen«. Schamberger hatte einen Teil des Durchsuchungsbefehls seiner Wohnung wie auch einen Beschluss des Amtsgerichts Aachen, keine Verfolgung von YPG-Symbolen zu betreiben, veröffentlicht. »Dass diese Anklagepunkte trotz der Einstellung der YPG/YPJ-Verfahren überhaupt noch zur Anklage kommen und nicht wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, werte ich als politisch motiviert«, sagte Schamberger.

In seinem Abschlussplädoyer betonte der Aktivist ebenfalls, dass es bei dem Verfahren in Wirklichkeit um die Verfolgung von Kritikern des türkischen »AKP-Regimes« gehe, die die »skandalöse deutsch-türkische Zusammenarbeit« in die Öffentlichkeit brachten. »Die Polizei und Staatsanwaltschaft machen sich zum Handlanger Erdogans«, betonte der Linke-Politiker. Ein solcher Prozess schüchtere jedoch weder ihn noch die kurdische Freiheitsbewegung ein. Das Urteil ist noch nicht rechtsgültig, die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte können noch in Berufung gehen. Laut Schamberger gebe es diesbezüglich noch keine Entscheidung.

In der Vergangenheit wurden immer wieder linke Aktivisten, die sich mit den Selbstverwaltungsstrukturen im syrischen Rojava und dem Kampf der YPG/YPJ solidarisieren wollten, wegen des Zeigens ihrer Fahnen und Symbole verfolgt. Es wurden zahlreiche Hausdurchsuchungen durchgeführt und Strafbefehle ausgestellt, Internetkonten wurden gesperrt. Nachdem mehrere Gerichtsurteile dem Handeln der Sicherheitsbehörden Grenzen setzten, hatte sich deren Repression verlagert. Dutzende kurdische und türkische Aktivisten stehen weiterhin wegen bestimmter Lieder, Fahnen oder dem Zeigen des Porträts des PKK-Mitbegründers Abdullah Öcalan vor Gericht.

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