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Da geht was im Sommer
Mit dem »Sommer der Clubkultur« will die Branche wieder durchstarten
Niedrige Inzidenzen und steigende Impfquoten - Grund genug für den Berliner Senat, weiter zu lockern. »Ich freue mich, dass ab dem 3. Juli dann auch 500 Menschen draußen tanzen dürfen«, sagt Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Berliner Clubcommission im »Sage Club« in Kreuzberg. »Dass Vorsicht und Verantwortung in den Clubs gelebt wird, war vor der Pandemie so, und ist jetzt auch so«, betont Lederer. Zusammen mit der Clubcommission verspricht er einen »Sommer der Clubkultur«, der sich mit zahlreichen Begleitaktivitäten bis hin zum »Tag der Clubkultur« am 3. Oktober erstrecken soll. Der »Ich bin Optimist«-Senator hofft, »dass wir dann vielleicht auch wieder drinnen tanzen können«.
Der im vergangenen Jahr aus der Not geborene »Tag der Clubkultur« sollte in Krisenzeiten der Szene Sichtbarkeit und Unterstützung geben. »In diesem Jahr wollen wir in die Zukunft und auf die Bruchstellen schauen, die die Pandemie in der Clubszene hinterlassen hat«, sagt Katharin Ahrend von der Clubcommission. Es soll um Visionen für die Zukunft gehen. »Wir wollen schauen: Was haben sich die Clubs und Kollektive überlegt, wie wurde in der Pandemie mit den Orten umgegangen, wie hat man sich neu erfunden?«, so Ahrend, Die Clubszene gehört bis heute zu den am heftigsten betroffenen Branchen. Optimistisch nach vorn blicken heißt jetzt die Devise.
Ab Juli können sich Clubs und Kollektive für den »Tag der Clubkultur« bewerben. Ein Kuratorium wird im August über die Bewerbungen entscheiden. Wie 2020 werden dann auch diesmal wieder 40 ausgewählt und mit je 10 000 Euro für ihr Engagement und Profil ausgezeichnet - »in diesem Jahr auch zum ersten Mal in einer festlichen Veranstaltung«, verspricht Ahrend. »Ich finde es toll, dass Clubs mittlerweile als Kulturstätten anerkannt sind«, ergänzt Lewamm »Lu« Ghebremariam aus dem Kuratorium. »Das zeigt, wie widerstandsfähig, wie kreativ und wie solidarisch sich die Clubs während der Pandemie gezeigt und durchgebracht haben.«
Bei allem Optimismus: Die Herausforderungen für die Clubs sind groß. Viele existenzielle Fragen sind bis heute unbeantwortet. Da geht es vor allem auch um die Sicherung bedrohter Orte. So ist aktuell der Friedrichshainer »Nuke Club« in seiner Existenz bedroht. Vor wenigen Tagen erhielten die Betreiber zum 31. Juli die Kündigung. »Schön, wenn über die Zeit der Pandemie alles an Unterstützung mitgenommen wurde, was geht, und da jetzt schöne neue Büros entstehen, wo vorher getanzt wurde«, zeigt sich Kultursenator Lederer verärgert. »Ich finde das unfassbar, das ist das zweite Mal, dass derselbe Akteur in Berlin einen Club rausgeschmissen hat!« Die Rede ist von der »S Immo«, die im vergangenen Jahr auch für die Verdrängung des Clubs »Griessmühle« aus Neukölln verantwortlich war. »Man muss dieses Verhalten bloßstellen und anklagen«, so Lederer. Der Ärger ist verständlich: Schaffte es sein Haus in der Pandemie, viele Clubs zu sichern, schlagen Gentrifizierung und Ausverkauf der Stadt nun ungehindert weiter ins Kontor.
Daneben bleibt auch die Sorge um die fehlenden Perspektiven für die Clubs. »Wann können wir ein Eröffnungsdatum für Innenräume verkünden?« - für Lutz Leichsenring von der Clubcommission eine wichtige Frage. Denn: »Gerade für die Planung der Clubs bleibt das ein großes Problem.« Dazu sollen wissenschaftlich begleitet Modellversuche im Sommer stattfinden. Und noch ein Problem haben die Clubs aktuell: das Personal. »Viele Mitarbeiter*innen haben sich mittlerweile umorientiert«, berichtet Leichsenring. »Aber die Crew ist Teil des Erfolgs eines Clubs.«
Klar ist das Ziel. Am Ende soll der Clubraum auch als Freiraum wieder da sein, und zwar ohne irgendein Regelwerk und erhobenen Zeigefinger.
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