- Kommentare
- Corona und Schule
Horrorschuljahr jetzt ausmisten
Rainer Rutz über Streit und Zank im zu Ende gegangenen Schuljahr
Die Queen sprach 1992 von einem »Annus horribilis«, einem schrecklichen Jahr, das hinter ihr lag. Nun ging es dort zwar - die Älteren erinnern sich - um brennende Schlösser und royale Scheidungsdramen. Nicht anders werden indes viele Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte das nun in Berlin und Brandenburg zu Ende gegangene Schuljahr 2020/2021 bezeichnen.
Und in der Tat glich die Zeit an den Schulen seit den Herbstferien für alle Beteiligten einem permanenten Ausnahmezustand. In Berlin etwa kamen zuerst die laschen Stufenpläne, es folgte das nicht enden wollende Hickhack um die komplette Schließung respektive Öffnung der Schulen, schließlich die erst vor gut zwei Wochen beerdigte Dauerauseinandersetzung um den Wechselunterricht. Vom Gezänk um Masken- und Testpflicht und die viel zu lange fehlenden Luftfiltergeräte ganz zu schweigen.
Um all diese Fragen lieferten sich nicht nur Bildungspolitikerinnen und -politiker erbitterte Grabenkämpfe. Auch unterschiedliche Elternfraktionen standen sich so spinnefeind gegenüber wie lange nicht. Vor allem hier hatte jede Seite stets irgendeine Umfrage oder Studie zur Hand, die die Unwissenheit und Schlechtigkeit der jeweils anderen belegen sollte. Und mittendrin jene, über die gestritten wurde, die aber am seltensten eigenständig zu Wort kamen: die Schülerinnen und Schüler.
Auch wenn es etwas früh für Vorhersagen ist: Das kommende Schuljahr droht ähnlich konfliktreich zu werden, sollte das Virus samt seinen Mutationen nicht auf wundersame Weise innerhalb der Sommerferien von der Bildfläche verschwinden. Dass das nicht der Fall sein wird, wissen auch die Bildungsverwaltungen der Länder. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, die Schulen massiv weiter technisch aufzurüsten. Mindestens ebenso dringend braucht es zudem schlüssige Konzepte für eine Unterrichtsgestaltung im Wechselmodell, bei der keine Schülerin und kein Schüler zurückbleibt. Und noch etwas, ganz im Sinne von »Krise als Chance«: Schafft endlich auch die Vergleichsarbeiten ab und mistet die Lehrpläne aus!
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!