Der Brummer im Raum

Die Grünen fordern für jedes Berliner Klassenzimmer ein Luftreinigungsgerät

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach dem Schuljahr ist vor dem Schuljahr: Pünktlich zum Beginn der Sommerferien machen die Berliner Grünen noch einmal Druck auf Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Seitens der Bildungsverwaltung »muss jetzt alles getan werden, um das nächste Schuljahr besser zu gestalten«, so Grünen-Landeschefin Nina Stahr. Insbesondere, so ihre Hauptforderung, solle die Zeit genutzt werden, um die Schulen mit deutlich mehr Luftreinigern als bisher auszustatten.

Insgesamt hatte der Senat 15 Millionen Euro für die Beschaffung von rund 7750 Geräten bereitgestellt. Ein Großteil ist ausgeliefert; die letzten knapp 800 Apparate sollen spätestens zum Schulstart in sechs Wochen bei den Schulen angekommen sein. Bei weit mehr als 15 000 Klassenräumen in ganz Berlin ist das herzlich wenig, findet Grünen-Politikerin Stahr. Auch mit Blick auf die angekündigte Wiedereinführung der Teilnahmepflicht am Unterricht vor Ort sagt Stahr: »Wer die Präsenzpflicht wieder einführt, muss die Kinder auch entsprechend schützen. Wir erwarten, dass alle Klassenzimmer mit Luftfiltern ausgestattet werden.«

Mit dieser Forderung steht Stahr freilich nicht allein auf weiter Flur. So drängt die Berliner CDU bereits seit Monaten auf die Formel: In jedem Schulraum ein Brummer. Der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise, plädiert in dieser Frage dafür, sich doch erst mal die Realität in den Schulen anzuschauen. »In manchen Schulen stehen die gelieferten Geräte einfach ungenutzt rum, weil sie noch nicht betriebsbereit gemacht wurden. Daher sollte man vielleicht zunächst dafür sorgen, dass die bereits vorhandenen Reiniger nutzbar gemacht werden«, sagt Heise zu »nd«. Er würde auch gern mal eine verlässliche Studie sehen, die sich mit der Wirksamkeit der Luftfilter in voll besetzten Klassenzimmern beschäftigt. »Aber die gibt es bisher nicht.«

Selbst die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) - sonst immer vorneweg mit Forderungen nach einer besseren Ausstattung der Schulen - erinnert in diesem Zusammenhang an die Grenzen des staatlichen Beschaffungswesens. Generell hätte die Bildungsverwaltung den Schulen schon lange vor der Corona-Pandemie in großem Stil Luftreiniger zur Verfügung stellen müssen. »Schließlich ist die Luft in Klassenräumen so oder so schlecht«, sagt Berlins GEW-Chef Tom Erdmann dem »nd«. Aber der Gewerkschafter geht dabei von berlinweit mindestens 12 000 Geräten aus, die zusätzlich zu den bereits vorhandenen angeschafft werden müssten, um wirklich jeden Raum zu bestücken. »Das ist doch nachvollziehbar, dass sich das in sechs Wochen nicht organisieren lässt«, so Erdmann.

Tatsächlich dürfte es auch ab August in den meisten Klassenzimmern beim von Bildungssenatorin Scheeres immer wieder empfohlenen Lüftungsprinzip, sprich: offenen Fenstern, bleiben. Auch aus diesem Grund sollten sich die Verantwortlichen - in diesem Fall die Bezirke als Schulträger - in der Ferienzeit viel dringlicher der Fenstersituation vor Ort widmen, findet Landeselternvertreter Norman Heise. »Wichtig ist doch vor allem, dass bis August sämtliche Fenster geprüft werden, ob sie sich auch adäquat öffnen lassen - und falls nicht, dass dafür Sorge getragen wird, dass sie bis dahin repariert werden«, so Heise.

Ähnlich sieht es Regina Kittler, die Bildungsexpertin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Und auch sie sagt zum Ruf nach einer Maximalausstattung mit Luftreinigern: »Das ist eine schöne, aber auch unrealistische Forderung, die die Grünen hier aufstellen.« Der Linke-Politikerin ist ohnehin viel eher daran gelegen, dass in der Ferienzeit endlich eine Impfkampagne für Schüler ab 12 Jahren auf die Beine gestellt wird. »Ich habe Schwierigkeiten damit, dass die Präsenzpflicht wieder eingeführt wird, ohne dass wir mit dem Impfen der Schülerinnen und Schüler vorangekommen sind«, sagt Kittler dem »nd«. Sie spreche dabei wohlgemerkt nicht von einer Impfpflicht, sondern von Impfangeboten. Die müssten aber auch gemacht werden, und dies am besten an Ort und Stelle über Impfbusse - und für die Eltern, die sich impfen lassen wollen, gleich mit. Denn, so Kittler: »Klar ist doch, dass wir die Schulorganisation auch weiterhin von der Entwicklung des Infektionsgeschehens abhängig machen müssen.«

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