- Berlin
- Warnstreik bei Krankenhauskonzern
Alle Zeichen auf Streik bei Vivantes
Rund 300 Beschäftigte des landeseigenen Berliner Krankenhauskonzerns kämpften für gleiche Löhne
»Wie die Mutter, so die Tochter - TVöD! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - TVöD!«, skandieren die streikenden Krankenhausmitarbeiter*innen am Dienstag, als sie mit einem Demonstrationszug durch Neukölln laufen. Die Beschäftigten der Vivantes-Tochterunternehmen müssen nach wie vor dafür kämpfen, nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) vergütet zu werden. Nach fünf Verhandlungsrunden zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Vivantes-Geschäftsführung ist bisher noch keine Einigung erzielt worden. Um den Druck bis zur nächsten Verhandlungsrunde am 6. Juli zu erhöhen, rief Verdi am Dienstag alle Beschäftigten der verschiedenen Tochterunternehmen zum Warnstreik auf.
»Ein Krankenhaus ohne Speiseversorgung, ohne Logistik, ohne Reinigung, das geht doch gar nicht«, sagt Lynn Stephainski auf der Bühne der Streikkundgebung vor dem Vivantes-Klinikum in Neukölln. Sie arbeitet bei dem Vivantes- Tochterunternehmen Rehabilitation. Das Reha-Zentrum liegt auf dem Gelände des Auguste-Victoria-Klinikums in Berlin-Schöneberg. »Wir fordern alle gemeinsam den TVöD«, sagt sie. Jedes Jahr würde Vivantes durch die schlechtere Bezahlung der Beschäftigten in den Tochterfirmen 35 Millionen Euro einsparen. Diese Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Beschäftigten durchzuführen, muss aufhören, fordert Stephainski.
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Um das zu erreichen sind Stephainski und ihre Kolleg*innen zu einem unbefristeten Streik im Sommer bereit. Den hatte die Pflegekräfte-Initiative »Berliner Krankenhausbewegung« bereits Mitte Mai angekündigt, sollten ihre Forderungen nach einem TVöD für alle sowie einem Ende des Personalmangels durch einen Tarifvertrag Entlastung für die Pflegekräfte der landeseigenen Unternehmen Vivantes und Charité nicht innerhalb von 100 Tagen erfüllt werden.
Die Hälfte dieser Zeit ist bereits abgelaufen. »Ich glaube, so wie es gerade aussieht, wird es zum unbefristeten Streik kommen«, sagt Stephainski. Die Beschäftigten im ambulanten Reha-Zentrum seien unzufrieden mit den Lohnunterschieden zwischen Tochter- und Mutterangestellten, die bei Physiotherapeut*innen bis zu 1300 Euro brutto im Monat betragen könnten. »Ich habe Kolleg*innen, die zusätzlich zum Vollzeitjob noch einen Nebenjob machen müssen«, sagt Stephainski.
Wütend ist unterdessen auch das Reinigungspersonal von VivaClean. »Das Maß ist jetzt endgültig voll, deshalb sind wir hier«, sagt eine der Streikenden nach der Demonstration zu »nd«. Aus Angst vor Sanktionen ihrer Vorgesetzten möchte sie nicht mit ihrem Namen in der Zeitung stehen. »Wir brauchen viel mehr Personal. Es kann nicht sein, dass eine Person allein für zwei Stationen verantwortlich ist und bei Ausfällen sogar für drei oder vier Stationen«, sagt die Reinigungskraft, die am Humboldt-Klinikum arbeitet.
Auch die Linke-Politiker*innen Jorinde Schulz und Tony Pohl, die für das Abgeordnetenhaus kandidieren, sind gekommen, um die Krankenhausbeschäftigten bei ihrem Warnstreik zu unterstützen. »Gesundheit ist keine Ware, es braucht eine bedarfsgerechte Finanzierung der Krankenhäuser«, sagt Tony Pohl zu den Streikenden. Dass eine Angleichung an den TVöD für die Tochterbeschäftigten noch nicht passiert ist, obwohl das 2016 im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbart wurde, liege an den hohen Kosten, erklärt er. »Es ist eine Frage des politischen Drucks, ob das benötigte Geld vom Land aufgebracht wird«, so der Linke-Politiker. Das Land Berlin habe Weisungsrecht gegenüber den landeseigenen Unternehmen und müsse diese im Zweifelsfall dazu verpflichten, den TVöD in den Tochterfirmen zu bezahlen. »Wir wollen eine Verdoppelung der Investitionen, um den Krankenhäusern den nötigen Handlungsspielraum zu verschaffen, gerechte Löhne zu zahlen«, sagt Pohl.
Vivantes selbst reagiert naturgemäß wenig begeistert auf den Arbeitskampf. »Der ganztägige Warnstreik der Gewerkschaft Verdi im Zuge der Tarifverhandlungen für die Vivantes-Tochterunternehmen - MVZ GmbH, VivaClean Nord und Süd GmbH, Vivantes Service Gesellschaft GmbH, Speiseversorgung und -logistik GmbH und Rehabilitation GmbH - trifft bei Vivantes auf absolutes Unverständnis«, erklärt Pressereferentin Astrid Steuber auf nd-Anfrage.
Am Streiktag scheiterten dann auch die Notdienstverhandlungen zwischen Verdi und Vivantes. Laut der Gewerkschaft soll das Klinikum die Verhandlungen einseitig abgebrochen haben, sodass die Gewerkschaft selbst einen Notdienstplan zur Versorgung lebenswichtiger Dienstleistungen aufstellen musste. Vivantes hingegen teilt mit, die Forderungen von Verdi in Bezug auf die Notdienstvereinbarung seien zur Patient*innenversorgung nicht ausreichend gewesen.
Insgesamt zeigt sich die Gewerkschaft zufrieden mit dem Warnstreik, an dem nach Verdi-Angaben über 300 Beschäftigte teilgenommen haben. »Wir gehen davon aus, dass die Arbeitgeberseite die starken Auswirkungen des Streiks gespürt hat«, sagte Streikleiter Ivo Garbe.
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