Nur kaufen, wenn es sich lohnt

Martin Kröger sieht die Offerte der Immobilienkonzerne kritisch

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Selbstverständlich ist das ein Knallerangebot: 20.000 Wohnungen von Deutsche Wohnen und Vonovia auf einen Schlag zurückholen, das wäre fast ein Drittel der GSW-Wohnungen, die Berlin dann wieder in Landeshand hätte - und von denen einige 2004 wahrscheinlich für Kleckerbeträge plus Schuldenübernahmen an Finanzfonds verschleudert worden waren. »Bauen, kaufen, deckeln«: Das war lange das Mantra der SPD in Berlin. Dass sie bei einer derart verlockenden Offerte gleich anbeißen, kann man den SPD-Spitzen um den Regierenden Bürgermeister Michael Müller und Finanzsenator Matthias Kollatz gar nicht mal groß verdenken. Denn wer sich in Berlin ans Revers heften kann, die GSW zurückzuholen, der hätte politisch wirklich was bewegt.

Wer den sich anbahnenden Megadeal richtig bewerten will, der müsste indes wissen, um was es genau geht. Ohne konkrete Informationen steht der Verdacht im Raum, da wollen zwei börsennotierte Konzerne ein paar Schrottimmobilien vergolden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich in dem Portfolio viele Wohnungen befinden, die von den Verkäufern über Jahre vernachlässigt worden sind, weil es galt, die Mietgewinne im Sinne der Aktionäre zu maximieren. Das Land Berlin sollte die Bestände deshalb sorgfältigst prüfen. Kaufen um des Kaufens willen darf nicht die Leitmaxime sein. Es muss sich schon um Bestände handeln, mit denen die Wohnungsbaugesellschaften künftig auch seriös wirtschaften können, ohne nach dem Erwerb gleich die Mieten erhöhen zu müssen. Denn auch das muss sichergestellt sein: Für die neuen Wohnungen darf es keine Sonderregelungen geben, sie müssen denselben Regularien unterliegen, die auch für die anderen öffentlichen Wohnungsbestände maßgeblich sind.

Am Ende dürfen die Zukäufe auch nicht die Funktionsfähigkeit der Wohnungsunternehmen an sich beeinträchtigen. Wie das Beispiel Gewobag in Spandau zeigt, bedeuten große Zuwächse auch weitaus mehr Arbeit und weitere Investitionen. Doch wer die Wohnungswende stemmen will, benötigt stabile Gesellschaften, die auch die Neubauanforderungen erfüllen können. Dafür braucht es Kapitalzuschüsse und Personalkapazitäten, sonst baden die Mieterinnen und Mieter schlussendlich die Folgen der Deals aus. Das wäre nicht im Sinne der Sache.

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