- Kommentare
- Deltavariante
Die Börse ist schon immun
Stephan Kaufmann über die Wirkung von Delta auf die Konjunktur
Mit Argusaugen beobachten Börsianer derzeit den sogenannten Beta-Faktor, der die Schwankungen einzelner Aktienkurse misst. Anders als Beta beunruhigt Delta die Märkte derzeit allerdings nicht besonders. Zwar hat die neue Corona-Mutante in Indien zu einer verheerenden Infektionswelle geführt, sie breitet sich in Großbritannien und Portugal in Windeseile aus und ist auch in Deutschland die dominierende Virusvariante geworden. Zudem zeigt Delta, dass das Virus auf Dauer nicht verschwinden wird und man mit ihm leben muss. Der Börse ist das allerdings relativ egal, denn der wirtschaftliche Schaden von Delta dürfte gering bleiben.
Ökonomen gehen derzeit davon aus, dass sich die Ökonomie von der Entwicklung der Epidemie schrittweise entkoppeln kann. Hauptgrund dafür ist die zunehmende Impfung der Bevölkerung, die Ansteckung zwar weiter möglich, schwere Krankheitsverläufe allerdings unwahrscheinlicher macht. Auch gegen Delta soll der Impfstoff von Biontech/Pfizer besonders wirksam sein. In der Folge könnten im Herbst - Impfbereitschaft vorausgesetzt - 80 Prozent aller Erwachsenen geimpft worden sein.
Die nächste Corona-Welle wird damit kleiner und weniger gefährlich, weniger Menschen müssen auf die Intensivstationen, das Gesundheitssystem bleibt unterhalb seiner Kapazitätsgrenzen. »Flatten the curve« ist damit keine Notwendigkeit mehr, weswegen harte Einschränkungen des öffentlichen Lebens unterbleiben können - und diese Einschränkungen sind es, die Ökonomen und Börsianer vor allem fürchten. Denn sie schaden dem Wirtschaftswachstum und den Unternehmensbilanzen.
Sprich: Zwar breitet sich die Delta-Mutante weiter aus, Menschen stecken sich an, erkranken, einige werden daran sterben. Doch Konjunktur und Aktienkurse bleiben dadurch unbeschadet. Denn für sie zählen in der Pandemie nicht Einzelfälle, sondern nur Durchschnittswerte - und der Beta-Faktor.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.