Verfassungskonvent in Chile wählt Indigene zur Vorsitzenden

Sprachlehrerin Elisa Loncón steht dem Gremium vor / Ausarbeitung einer neuen Verfassung soll maximal ein Jahr dauern

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Santiago de Chile. In Chile hat die verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit aufgenommen und eine Vertreterin des Volkes der Mapuche zur Vorsitzenden gewählt. Die Sprachlehrerin Elisa Loncón wurde mit 96 von 155 Stimmen zur Vorsitzenden bestimmt, wie die Tageszeitung »La Nación« am Sonntag (Ortszeit) berichtete.

»Ich möchte allen dafür danken, dass sie eine Mapuche und eine Frau gewählt haben, um die Geschichte dieses Landes zu verändern«, sagte Loncón in ihrer ersten Rede nach der Wahl, die sie auf Mapudungun, der Sprache der Mapuche, und auf Spanisch hielt. »Dieser Konvent wird Chile in ein plurinationales Chile, in ein interkulturelles Chile verwandeln.«

Auch der ebenfalls gewählte Vize-Präsident Jaime Bassa, ein unabhängiger Anwalt, steht für eine neue Politik in dem südamerikanischen Land. Im Mai hatten die Chilenen die Mitglieder des Verfassungskonvents gewählt. Sie gaben zahlreichen linken und unabhängigen Kandidaten ihre Stimme. Die Abstimmung galt als Niederlage für die konservative Regierung unter Präsident Sebastián Piñera. Die verfassungsgebende Versammlung hat ein Jahr Zeit, eine neue Verfassung auszuarbeiten, die dann der Bevölkerung in einem weiteren Referendum zur Abstimmung vorgelegt wird. Die aktuelle Verfassung stammt noch aus Zeiten der Pinochet-Diktatur (1973-1990).

Die Chilenen setzen große Hoffnungen in eine neue Verfassung. Bislang sind die Rechte von Indigenen dort nicht verankert, es fehlen grundlegende soziale Rechte, und die Rolle des Staates ist auf ein Minimum reduziert. Zivilgesellschaftliche Organisationen sehen in der alten Verfassung den Grund für die tiefe soziale Ungleichheit und verringerte Bildungschancen für einen Großteil der Bevölkerung.

Vor rund eineinhalb Jahren war es zu landesweiten teils gewaltsamen Protesten in Chile gekommen, die sich an den hohen Lebenshaltungskosten und der sozialen Ungleichheit entzündet hatten. Die Proteste weiteten sich zu einer Bewegung für eine Verfassungsreform aus.

Mehr als 30 Menschen kamen bei den Protesten ums Leben, der Polizei wurde exzessive Gewaltanwendung vorgeworfen. Auch am Sonntag kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizisten, wegen derer die konstituierende Sitzung unterbrochen werden musste. Agenturen/nd

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