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Ungewohnte Aufgaben

Auf dem Weg zur Genossenschaft: Ein persönlicher Bericht aus dem »nd«

  • Corinna Meisenbach
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein ungewöhnlicher Arbeitsbeginn: Zwei Wochen nach meiner Einstellung beim »nd«erreichte uns die Nachricht, die Gesellschafter wollen sich aus dem »nd« herausziehen, das Unternehmen solle sich von einer GmbH zur Genossenschaft wandeln. Zuerst einmal war das ein Schreck, dann kam das Nachdenken: eine Genossenschaft also. Was ist das eigentlich? Der Begriff ist den meisten Menschen wahrscheinlich nicht unbekannt.

Ich habe zahlreiche Bekannte, die Mitglieder in Genossenschaften sind, in ihnen arbeiten oder Waren von ihnen beziehen. Eine Genossenschaftswohnung ist der Jackpot - da sind sich wohl alle Berliner und Berlinerinnen einig. Doch einen Grund, mich intensiver mit Genossenschaften zu beschäftigen, gab es für mich bisher nicht. Das änderte sich mit den Veränderungen, die beim »nd« anstehen.

Nach einem ersten Schock begann ich zu recherchieren: Es gibt in Deutschland ungefähr 7600 Genossenschaften mit 22 Millionen Mitgliedern. Sie sind die mitgliederstärkste unternehmerische Organisationsform und übersteigen die Zahl der Aktionäre um das Sechsfache. Das klingt in meinen Ohren nach genau dem, was das »nd« stärker machen würde.

Inzwischen ist mein Wissen über diese paar Fakten hinausgewachsen. Der Schreck ist der Begeisterung über den Neustart gewichen. Ich habe mich für einen der sieben Plätze in der Gründungsgruppe der Genossenschaft beworben und die Kollegen und Kolleginnen haben mir ihr Vertrauen geschenkt.

Neben der täglichen Produktion einer Tageszeitung tauche ich ab in die Tiefen des Genossenschaftsvokabulars. Worte wie Vorstand, Satzung, Prüfverbände, Generalversammlungen, Höhe der Genossenschaftsanteile und Gründungsversammlung begleiten seitdem den Tag von mir.

Mein eigentliches Arbeitsfeld ist das Schaffen von Online-Inhalten und die Verbreitung unserer Erzeugnisse im Web. Die Zahlen, mit denen ich mich gerne beschäftigte, waren Klickzahlen. Dankbar, dass ich mit dem Jonglieren auf wirtschaftlicher Seite nicht allzu viel am Hut hatte. Dass ich nun an der Entwicklung eines Businessplans in dieser Dimension arbeite, hätte ich noch vor einem Jahr niemals geglaubt.

Ich erzähle das, weil es exemplarisch ist für die Aufgaben, die uns im »nd« bevorstehen. Mit der Genossenschaft werden wir bald unsere eigenen Bosse sein. Das ist großartig, denn es ermöglicht uns, unsere Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Es ist aber auch respekteinflößend und anstrengend. Es bedeutet mehr Verantwortung für jeden. Es bedeutet, sich einzubringen. Dinge zu übernehmen, die weit über die bisherigen Aufgaben hinausgehen. Wo wir im Moment noch über einen Gesellschafter schimpfen kann, stehen wir bald alle zusammen.

Das ist manchmal herausfordernd. Aber es ist das Richtige. Die Genossenschaft ist die Form, die ermöglicht, dass es das »nd« weiter geben wird. Solange es genug Menschen gibt, die auch wollen, dass es uns gibt. Ich für meinen Teil habe mich entschieden.

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