Anhalt-Bitterfeld abgehängt
Hacker legen Landkreisverwaltung lahm und fordern Lösegeld
So hatte sich Andy Grabner den Start in seinen neuen Lebensabschnitt sicher nicht vorgestellt. Der neue Landrat von Anhalt-Bitterfeld, erst seit Montag im Amt, muss sich sogleich unangenehmer Gegner erwehren: Hackern. Vergangene Woche waren Server des Landkreises aus bislang unbekannter Quelle mit einer Schadsoftware infiziert worden, dabei wurden Dateien verschlüsselt. Seitdem ist die Landkreisverwaltung kaum arbeitsfähig, zurückgeworfen auf Telefon und Fax. Der sachsen-anhaltische Landkreis rief den Katastrophenfall aus.
Mittlerweile arbeiten Spezialisten und Experten aus Bundes- und Landesbehörden daran, das Virus zu identifizieren und zu bekämpfen. Der Landkreis versucht derweil, eine Notinfrastruktur zu errichten, damit die angestaute Arbeit Stück für Stück abgebaut werden kann. Von dem Angriff sind laut Landratsamt viele Belange von Bürgern betroffen, etwa die Auszahlung der Sozialhilfe. Nicht betroffen sind dagegen die Auszahlung von Kindergeld und Arbeitslosengeld: Die Systeme von Landkreis und Jobcenter hingen nicht zusammen, sagte eine Sprecherin des Jobcenters in Bitterfeld-Wolfen.
Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) fordern die Angreifer ein Lösegeld, zur genauen Höhe ist bislang nichts bekannt. Der Landkreis hat jedoch bereits klargemacht, dass er sich auf die Forderung nicht einlassen werde. »Es wird keine Forderung beglichen. Wir werden uns als öffentliche Hand nicht erpressbar machen«, sagte Andy Grabner, der sich bei der Landratswahl am 6. Juni gegen seine Mitbewerber Volker Olenicak (AfD) und Swen Knöchel (Linke) durchsetzte und nun das Amt von seinem Vorgänger Uwe Schulze übernahm.
Die Linke will derweil zur Aufklärung des Cyberangriffs auch das Parlament einschalten. »Das Parlamentarische Kontrollgremium des Landtags ist noch über die Wahlperiode hinaus im Amt und muss sich so schnell wie möglich in einer Sondersitzung mit den Cyberangriffen beschäftigen«, sagte die Fraktionsvorsitzende Eva von Angern. Es müsse auch im Innenausschuss aufgeklärt werden, wie es überhaupt zu dem Angriff auf das Netzwerk des Landkreises kommen konnte, ergänzte Innenexpertin Henriette Quade.
Auch der Sächsische Richterverein hat von der Landespolitik mehr Einsatz gegen Computerkriminalität verlangt. Es genüge nicht, Hackerangriffe technisch abzuwehren. Vielmehr müssten die Angreifer verfolgt und Nachahmer durch glaubhafte Strafverfolgung abgeschreckt werden, forderte der Verband.
Nach Ansicht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds sind Cyberangriffe auf Kommunalverwaltungen ein wiederkehrendes Problem. Eine hundertprozentige Sicherheit sei nicht herzustellen, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg auf MDR Aktuell: »Einen richtig guten Angriff kann es überall geben.« Es sei sowohl weltweit als auch deutschlandweit zu beobachten, dass versucht werde, Kommunalverwaltungen oder auch kommunale Einrichtungen wie Stadtwerke anzugreifen. Entscheidend sei, dass die IT-Systeme und damit auch die Sicherheit in den Verwaltungen ständig weiterentwickelt würden. Mit Agenturen
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