Links oder rechts vom Bergrücken?

Auch Niederschlagsprognosen auf Gemeindeebene haben noch Grenzen

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.

Während die Menschen in den Katastrophengebieten im Westen Deutschlands noch mit den Hinterlassenschaften der Flut kämpfen, suchen andere bereits nach Schuldigen. Grund genug, die Fakten zu sortieren.

Tatsächlich gab es frühzeitig Warnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vor extremen Niederschlägen. So teilte der DWD am 12. Juli in einer Unwetter-Vorabinformation mit, es könnten zwischen Dienstagmorgen und Donnerstagmorgen punktuell insgesamt bis zu 200 Liter Regen pro Quadratmeter fallen. Und das nach den verheerenden Hochwassern von 2002 an Elbe und Donau aufgebaute Europäische Hochwasser-Frühwarnsystem (Efas) warnte ebenfalls vor Überflutungen im Einzugsbereich von Niederrhein und Mosel.

Laut DWD-Sprecher Uwe Kirsche gingen dann am Dienstag die Warnungen für einzelne Landkreise und sogar Gemeinden konkretisiert an die dort für den Katastrophenschutz Zuständigen - Einsatzstäbe, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk etc. Kirsche sieht allerdings eine Schwierigkeit darin, dass die Efas-Warnungen sich auf große Flusssysteme konzentrieren und die dank verbesserter Vorhersagemodelle feiner gerasterten DWD-Warnungen wiederum die konkreten Geländeverhältnisse vor Ort nicht erfassen. Gerade extreme Starkregenereignisse seien räumlich eng begrenzt, da entscheide schon ein Bergrücken, welchen Ort die volle Wucht des Wassers treffe. Weder Efas noch der DWD könnten so weit hineinzoomen, dass sie Hochwasservorhersagen für einzelne Bäche oder kleine Flüsse machen könnten.

Deshalb müssten die Hochwasserzentralen der Länder die Informationen von DWD und Efas in eigene Modelle einspeisen. Dort wisse man genau, wo ein enges Tal, wo eine starke Bodenversiegelung ist und wo es Überlaufbecken gibt oder sonstige Schutzmaßnahmen. Wie weit das geschehen ist und die Ergebnisse an die Zuständigen in Kreisen und Gemeinden gingen, wird wohl noch zu klären sein.

Was die aktuellen Unwetter vergleichsweise gut prognostizierbar machte, hatte zugleich verheerende Folgen: Das Tiefdruckgebiet »Bernd« war relativ stabil über einem ungewöhnlich großen Gebiet.

Eine Untersuchung des Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verweist darauf, dass selbst die bedeutenden Hochwasserereignisse von 1804 und 1910 an der Ahr bei den Wassermengen deutlich hinter der aktuellen Flut zurückblieben. Der DWD sprach am Donnerstag mit Blick auf die Katastrophe von einem »Jahrhundertereignis«. In einer klimatologischen Einordnung des DWD hieß es, an einer ungewöhnlich großen Zahl von Stationen im Westen seien bisherige Rekorde weit übertroffen worden. Innerhalb weniger Stunden oder Tage sei im Mittel über ganze Flusseinzugsgebiete das Anderthalb- bis Zweifache des mittleren Niederschlags im Juli, bezogen auf die Referenzperiode 1991 bis 2020, erreicht worden. Grund zur Entwarnung gebe es nicht, hieß es vom DWD.

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