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Ohrfeige für den Bundeswahlleiter

DKP Bundesverfassungsgericht erklärte Nichtzulassung zur Bundestagswahl für nicht gerechtfertigt

Peinlich für Bundeswahlleiter Georg Thiel: Das Bundesverfassungsgericht hat der Beschwerde der Deutschen Kommunistischen Partei gegen ihre Nichtzulassung zur Bundestagswahl stattgegeben und den entsprechenden Beschluss des Bundeswahlausschusses aufgehoben. Damit kann sie an der Wahl am 26. September teilnehmen. Die Beschwerden von 19 weiteren nicht zugelassenen Vereinigungen blieben dagegen erfolglos.

Die DKP hatte am 15. Juli gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses Beschwerde erhoben, die auch die Aberkennung der Partei-Eigenschaft beinhaltete. Das Gremium hatte seine mit zehn Für-Stimmen und nur einem Gegenvotum getroffene Entscheidung damit begründet, dass die Partei in den letzten sechs Jahren die vorgeschriebenen Rechenschaftsberichte verspätet abgeliefert hatte. Damit habe sie auch ihre Rechtsstellung als Partei verloren. Die Gegenstimme war von dem Rechtsanwalt Hartmut Geil gekommen, der die Grünen als Beisitzer im Ausschuss vertritt. Dagegen hatte die Beisitzerin der Linken, Constanze Portner, für die Nichtzulassung gestimmt.

Der Bundeswahlausschuss hatte am 8. und 9. Juli 53 Parteien und Vereinigungen zur Teilnahme an der Bundestagswahl zugelassen, darunter 44 kleinere wie die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und die Sozialistische Gleichheitspartei - Vierte Internationale (SP), aber rechtsradikale wie die NPD und Der Dritte Weg. 43 Gruppierungen waren abgelehnt worden, darunter die DKP.

DKP-Chef Patrik Köbele erklärte nach der Karlsruher Entscheidung, das Verfassungsgericht habe »den Versuch, die Existenz der Deutschen Kommunistischen Partei mit bürokratischen Mitteln zu gefährden und ihr die Kandidatur bei den Bundestagswahlen zu verbieten, zurückgewiesen«. Die Begründung der Richter sei eine »schallende Ohrfeige für den Bundeswahlleiter« und bestätige, »dass die DKP eine aktive politische Partei« sei. So werde auf die von der Partei veranstaltete Kundgebung zum 80. Jahrestag des Überfalls Deutschlands auf die Sowjetunion verwiesen. Köbele bedankte sich für die »große nationale wie internationale Solidarität, die wir erfahren haben«.

Der Karlsruher Beschluss sei deren Ergebnis wie auch das der »juristischen und politischen Argumentation« der Partei. Für die DKP sei der Erfolg ein »Auftrag, jetzt mit aller Kraft in den Wahlkampf zu gehen, um unsere politischen Inhalte und um die Stärkung der DKP zu kämpfen - jetzt erst recht«. Der Sieg in Karlsruhe sei »auch ein kleiner Etappensieg im Kampf gegen den Abbau demokratischer Rechte, gegen den reaktionären Staatsumbau«.

Die Karlsruher Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Verlust der Parteieigenschaft nicht bereits eintrete, wenn eine Gruppierung mehrere Rechenschaftsberichte »nicht fristgemäß eingereicht hat«. Dies ergebe sich »aus einer im Lichte von Artikel 21 Absatz 1« des Grundgesetzes vorzunehmenden Auslegung von Paragraf 2 des Parteiengesetzes.

Weiter schreibt das Bundesverfassungsgericht: »Die gebotene Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, insbesondere des Umfangs ihrer Organisation, der Zahl ihrer Mitglieder und des Hervortretens in der Öffentlichkeit, lassen darauf schließen, dass sie in der Lage ist, ernsthaft an der politischen Willensbildung des Volkes für den Bereich des Bundes oder eines Landes mitzuwirken.«

Ähnlich hatte bereits am 16. Juli die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) in einer Stellungnahme zur Nichtzulassung der DKP argumentiert. Sie hatte diese als »kaltes Parteienverbot« scharf kritisiert und dem Bundeswahlausschuss Ignoranz gegenüber dem besonderen Schutz von Parteien im auch vom Verfassungsgericht genannten Artikel des Grundgesetzes vorgeworfen. Zudem entscheide über den Ausschluss einer Partei von staatlicher Finanzierung und ihr Verbot ausschließlich das Bundesverfassungsgericht, hatte die VDJ betont. Zudem heiße es im Parteiengesetz, eine Gruppierung verliere ihren Status als Partei, wenn sie sechs Jahre lang keinen Rechenschaftsbericht vorgelegt habe, nicht aber, wenn die Berichte mit Verspätung eingereicht worden seien.

Eberhard Schulz, der Anwalt der DKP, kritisierte am Dienstag erneut das Vorgehen des Bundeswahlleiters gegenüber der Partei. Er habe es versäumt, ihr »die mögliche negative Entscheidung« des Ausschusses anzukündigen und sie »noch nicht einmal ordnungsgemäß angehört«. Zudem seien der DKP nach der Bekanntgabe der Nichtzulassung lediglich vier Tage Zeit für die Einreichung »der vollständig begründeten Beschwerde« eingeräumt worden. Ähnlich habe er, Schultz in seiner gesamten bisherigen Anwaltstätigkeit nicht erlebt. Der Anwalt zeigte sich optimistisch, dass die Karlsruher Entscheidung »eine Absage an den juristisch gepflegten Antikommunismus der letzten Jahrzehnte einleiten« könnte.

Die Mitglieder der 1968, zwölf Jahre nach dem Verbot der KPD in der BRD, gegründeten DKP waren in den 1970er Jahren in besonderem Maße von Berufsverboten infolge des sogenannten Radikalenerlasses betroffen. Etliche Genossinnen und Genossen der Gründergeneration waren bereits von den Nazis verfolgt worden.

Bis 1989 konnte die Partei immer wieder teils beachtliche Erfolge verbuchen. Insbesondere im Ruhrgebiet hatte sie einige Hochburgen. Viele Linke wandten sich jedoch im Laufe der Zeit von ihr ab, weil sie faktisch alle Maßnahmen und Beschlüsse der Staatsführung der DDR und der SED rechtfertigte. Nach 1989 schrumpfte die Zahl ihrer Mitglieder immer weiter, zuletzt auf unter 3000. Mitte der 1980er Jahre hatten ihr mehr als 50 000 Menschen angehört. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte sie bundesweit lediglich 7517 Erst- und 11 558 Zweitstimmen erhalten. Zum Niedergang trugen auch interne Auseinandersetzungen bei, die in den letzten Jahren zu Abspaltungen wie der »Marxistischen Linken« führten, deren Aktive sich heute in der Linkspartei engagieren.

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