- Politik
- Berliner Polizei zieht Bilanz
Gut 500 Ermittlungsverfahren nach verbotenen Demos
Knapp tausend Festnahmen und mehr als 60 verletzte Polizist*innen nach Querdenker-Protesten
Berlin. Nach zahlreichen illegalen Versammlungen von Gegnern der Corona-Politik am Sonntag in Berlin hat die Polizei mindestens 503 Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmer eingeleitet. In 59 Fällen werde wegen Widerstands und in 43 Fällen wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt, teilte die Polizei am Montagabend mit. Weitere Anzeigen wurden demnach wegen besonders schweren Landfriedensbruchs, Gefangenenbefreiung sowie Verstößen gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz und die Berliner Infektionsschutzverordnung geschrieben.
Trotz eines Verbots großer Demonstrationen, darunter solchen sogenannter »Querdenker«, waren am Sonntag mehrere Tausend Menschen durch die Hauptstadt gezogen. Sie versammelten sich immer wieder in Gruppen in verschiedenen Teilen der Stadt, mehrfach kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizeikräften. Mehr als 60 Polizistinnen und Polizisten seien dabei zum Teil schwer verletzt worden, bilanzierte die Polizei. Mehr als 60 Prozent von ihnen seien aus anderen Bundesländern nach Berlin gekommen. Teilnehmer unerlaubter Versammlungen hätten in verschiedenen Bezirken wiederholt Einsatzkräfte attackiert, aber auch Andersdenkende und mindestens ein Fernsehteam.
Nach einer vorläufigen Festnahme bei einer »Querdenker«-Demo starb ein 48-Jähriger. Laut Generalstaatsanwaltschaft ergab eine Obduktion am Montag, dass er einen Herzinfarkt erlitt: »Hinweise auf todesursächliche äußere Gewalteinwirkung im Rahmen der Festnahme liegen nicht vor.« Die Ermittlungen zur Todesursache seien aber noch nicht abgeschlossen.
Drei für Montag geplante Demonstrationen wurden ebenfalls verboten. Laut Polizei gab es bis zum Abend keine neuen Zwischenfälle. Nach Angaben des Gründers der Initiative »Querdenken 711«, Michael Ballweg, meldete die Gruppe für den 29. August erneut eine Kundgebung mit 22.500 Teilnehmern in Berlin an.
Die Stuttgarter Gruppe »Querdenken 711« gilt als eine Art Keimzelle der mittlerweile bundesweit aktiven Protestbewegung. »Querdenker ist nicht Querdenker« - die Szene sei sehr heterogen, betonte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter. In der Pandemie sei eine neue Form von Extremismus entstanden, bei der unterschiedliche Akteure »das Ziel eint, die staatlichen Institutionen, den Staat als solches, zu destabilisieren und zu delegitimieren«. dpa/nd
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