- Politik
- Türkische Faschisten
Morddrohungen gegen Linke
Türkische Faschisten setzen Politiker und Aktivisten unter Druck
»Köter abschlachtend komme ich. Europa kann euch nicht schützen. Jitem« Diese Drohung – verbunden mit Fotos von brutal ermordeten Menschen, einer Waffe und einem türkischen Pass – erhielten jüngst mehrere linke Aktivisten und Politiker in Deutschland. Jitem ist eine Bezeichnung für den ehemaligen Geheimdienst der türkischen Gendarmerie, der für zahlreiche illegale Tötungen und Gewaltakte an Zivilisten verantwortlich gemacht wird.
Betroffen von den Mitteilungen waren der Münchner Kommunikationswissenschaftler, Linke-Bundestagskandidat und Aktivist Kerem Schamberger, der Essener Linke-Politiker Civan Akbulut, die Ko-Vorsitzende der Hamburger Bürgerschaft, Cansu Özdemir sowie laut Schamberger auch weitere Personen, die nicht öffentlich genannt werden wollen. Die Drohung hatte man über Profile in sozialen Medien verschickt.
Schamberger berichtete, dass er bereits im Frühjahr von einem gleichnamigen Profil entsprechende Nachrichten erhalten habe. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dazu seien jedoch eingestellt worden, die Ermittler hätten keinen Täter feststellen können. »Nachdem kürzlich eine Todesliste aufgedeckt wurde, ist das wirklich nicht beruhigend«, kommentierte der 35-jährige Aktivist das neue Drohschreiben.
Türkische Faschisten mit Verbindungen zum Regime
Für Schamberger steht fest, dass die Drohungen aus »staatlichen türkischen Kreisen« kämen und »aller Wahrscheinlichkeit nach« mit dem türkischen Geheimdienst MIT in Kontakt stünden. Doch auch die Politik hierzulande trage zu der Gefährdungssituation bei. »Solange die Bundesregierung nichts an ihrer Appeasementpolitik gegenüber der Türkei ändert, werden die Drohungen weitergehen«, betonte der Aktivist. Schamberger hält zukünftig auch gewalttätige Übergriffe für möglich. So verweist er auf die Autoren Erk Acarer in Berlin und Gökhan Yavuzel in Wales, die in den letzten Wochen mutmaßlich von rechten Türken angegriffen wurden. Zuletzt wurde bekannt, dass offenbar mehrere Listen mit den Namen von Exil-Oppositionellen und Kritikern des türkischen Regimes existieren.
Der Linke-Politiker Civan Akbulut hatte jüngst ebenfalls eine Morddrohung mit Bildern von ermordeten und gefolterten Menschen erhalten, unterschrieben war sie mit Jitem. »Ich fühle mich in Deutschland nicht mehr sicher«, erklärte Akbulut in sozialen Medien. Der 20-jährige Politiker forderte gegenüber der Medienplattform »ANF-News«, dass die Bundesregierung konsequent gegen türkische Faschisten vorgehen, Verbände wie die Grauen Wölfe oder die Föderation der türkischen Idealistenvereine in Deutschland verbieten und die Zusammenarbeit mit türkischen Sicherheitsbehörden beenden solle.
Akbulut erklärte weiter, dass er wegen der Drohung Anzeige gegen unbekannt gestellt habe. Dies habe er euch bei einer früheren Bedrohung getan – die Ermittlungen hätten jedoch bisher nichts ergeben. Laut dem Politiker handelte es sich um die zweite Morddrohung innerhalb von zwei Monaten. Im Juni habe er laut »ANF-News« über Instagram eine Drohnachricht und ein Foto mit Maschinengewehren erhalten. Akbulut ist Mitglied im Integrationsrat Essen und Delegierter für den Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen.
Solidaritätserklärungen
Die Linkspartei äußerte sich besorgt über die erneuten Morddrohungen. »Es ist unerträglich, dass rechtsextreme türkische Terrorgruppen in Deutschland aktiv sind, etwa gegen Kerem Schamberger oder Civan Akbulut«, erklärte Linke-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler. Die Bundesregierung müsse hier klare Kante zeigen, so der Politiker. Auch Schindler forderte dabei das Verbot der Grauen Wölfe. Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner erklärte ihre Solidarität mit Kerem Schamberger, Civan Akbulut, Cansu Özdemir sowie »allen anderen, die von Faschisten bedroht werden«.
Mehrfach wurden in den vergangenen Jahren linke Aktivisten und Politiker von türkischen Faschisten unter Druck gesetzt. Die österreichische Grünen-Politikerin Berîvan Aslan, Cansu Özdemir, die Linke-Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut, Kerem Schamberger, der Journalist Nuri Akman sowie der Theologe Sami Grigo Baydar hatten im Dezember 2020 in einer Erklärung eine Reihe von Morddrohungen von türkischen Faschisten öffentlich gemacht.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.