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Weitere Anklage gegen Antifaschistin
Bundesanwaltschaft wirft Leipzigerin Lina E. neuen gemeinschaftlich begangenen Angriff vor
Die Bundesanwaltschaft hat eine weitere Anklage gegen die Leipziger Antifaschistin Lina E. erhoben. Neben der Mitgliedschaft in einer »linksextremistischen kriminellen Vereinigung« werde ihr nun noch eine zusätzliche gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, teilte die Behörde am Montag in Karlsruhe mit. So soll Lina E. im Oktober 2018 im Leipziger Stadtteil Gohlis zusammen mit drei anderen Antifaschisten eine »der rechten Szene zuzuordnende Person« angegriffen und verletzt haben.
Lina E. wurde im November medienwirksam festgenommen und in einem Hubschrauber aus Leipzig ausgeflogen. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Zusammen mit den anderen Verdächtigen soll sie mehrmals Neonazis verprügelt haben. Im Mai erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen sie und Lennart A., Jannis R. sowie Jonathan M., wegen Mitgliedschaft in einer »kriminellen Vereinigung« und der Beteiligung an körperlichen Übergriffen.
Bestandteil der Anklage sind unter anderem Angriffe auf Neonazis im Oktober 2018 in Wurzen, im Januar 2019 in Leipzig-Connewitz und im Oktober 2019 in Eisenach. Ein weiterer Angriff am 8. Juni 2020 habe wegen »polizeilicher Gefahrenabwehrmaßnahmen« dagegen nicht geklappt. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet das Oberlandesgericht Dresden. Die anderen drei Beschuldigten sind auf freiem Fuß. Bei den Betroffenen in Eisenach soll es sich laut einem Bericht von Leipziger Antifaschisten im Antifa-Infoblatt um »den Kern« der formell aufgelösten Kameradschaft »Nationaler Aufbau Eisenach« handeln.
Die Bundesanwaltschaft versucht seit der Festnahme, die 26-jährige Lina E. als führenden Kopf dieser angeblichen Vereinigung in Leipzig darzustellen. Unterstützer und auch die Anwälte von Lina E. kritisierten dagegen die lange Untersuchungshaft, eine scharfe Vorverurteilung durch die Behörden und Teile der Medien sowie eine dünne Beweislage.
Die Anklageschrift sei mit »heißer Nadel« gestrickt, erklärten im Mai so die Rechtsanwälte Erkan Zünbül und Björn Elberling in einer Mitteilung. »Ein erheblicher Teil der Vorwürfe wird sich nicht belegen lassen«, mutmaßten sie darin. E.s Anwälte stellten vor allem den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer »linksextremistischen kriminellen Vereinigung« infrage, die vier Beschuldigten seien »willkürlich« ausgewählt worden.
Die Juristen Zünbül und Elberling gingen davon aus, dass aufgrund ausbleibender Ermittlungserfolge der im November 2019 gegründeten »Soko Linx« des sächsischen Landeskriminalamtes an Lina E. ein Exempel statuiert werden soll. Die Ermittlungen nach dem Paragrafen 129 StGB dienten weiterhin vor allem der Ausspähung und Einschüchterung der linksradikalen Bewegung, so ihre Einschätzung.
Diese will nun kurz vor einem möglichen Prozessbeginn ein selbstbewusstes Zeichen setzen. Für den 18. September ruft die Kampagne »Wir sind alle LinX!« alle Antifaschisten bundesweit zu einer Demonstration nach Leipzig auf. Die Teilnehmer sollen sich 14 Uhr auf dem Leipziger Johannisplatz treffen, weitere Pläne zur Route sind bisher noch nicht bekannt. Ziel der Demonstration sei es laut dem Aufruf, die »Verstrickungen von Faschisten im Staat und die Kriminalisierung von Antifaschismus« zum Skandal zu machen. Gefordert wird die »Entnazifizierung der deutschen Sicherheitsbehörden«, sowie »Aufklärung und Konsequenzen« für den rechten Terror in Deutschland. »Wir werden auch in Zukunft den antifaschistischen Selbstschutz organisieren und fordern die Freilassung aller Antifaschisten«, stellt die Kampagne klar.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass an besagter Demonstration viele Antifaschisten teilnehmen könnten. In den vergangenen Monaten hatten sich bundesweit viele linke Gruppen mit Lina E. solidarisiert.
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