Geld regiert die Welt oder die Inflation frisst Zinsen auf

Einfluss der neuen Strategie der EZB für Sparer

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Der ganz große Aufreger in Funk und Fernsehen sind seit Langem die Negativzinsen. Doch diese erheben Banken und Sparkassen, jedenfalls bislang, lediglich auf höhere Einlagen von Kunden. Weit gewichtiger als solche Strafzinsen ist für kleinere Sparbeträge die Inflation. Im Juni betrug die Inflationsrate in Deutschland immerhin 2,3 Prozent, meldet das Statistische Bundesamt. Bliebe es dabei, würden die steigenden Preise weitgehend alle Zinsen auffressen, die Sie mit einem Sparbrief oder einer Kapitallebensversicherung in diesem Jahr erzielen.

Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick auf die neue geldpolitische Strategie der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main. Deren oberstes Ziel war es seit ihrer Gründung im Jahr 1998, die Inflation im Zaume zu halten.

Inflationsrate - wichtig wofür?

Dabei wird mit dem Begriff »Inflation«, eigentlich ein wenig unscharf, jede Preisänderung des Warenkorbs gemeint. In ihren Warenkorb legt die EZB durchschnittliche Güter und Dienstleistungen wie Benzin, Brötchen und Bildung, um einen Preisindex zu ermitteln. Der kann steigen oder fallen. Die Inflationsrate ist eminent wichtig, um den Nutzen eines Sparbuches oder einer anderen Geldanlage richtig einschätzen zu können. In den letzten Jahren hat sich in den entwickelten Volkswirtschaften ein äußerst niedriges Zinsniveau mit Werten von nahe oder sogar leicht unter null beobachten lassen.

Das war mal ganz anders. In den 1970er bis 1990er Jahren gab es jeweils zeitweilig hohe Ausschläge - mit Zinssätzen von 8 bis fast 10 Prozent. Doch dies waren für Sparer dennoch nicht unbedingt goldige Zeiten. Dafür war dann oft die Inflation zu hoch. In der Spitze betrug sie 7,8 Prozent.

Nominal, effektiv oder real?

Der nominale Zinssatz (oder nominale Rendite) ist für Sparer daher nur bedingt aussagekräftig. Für die meisten Finanzprodukte werden zunächst Nebenkosten fällig. Was dann nach Abzug von Gebühren bei Kauf, Verwaltungsaufwendungen oder »performanceabhängigen« Vergütungen übrig bleibt, nennt sich effektiver Zinssatz. Dies ist der Betrag, den ihnen Sparkasse, Bank oder ein anderer Finanzdienstleister tatsächlich auszahlen. Doch was dieser wirklich wert ist, zeigt sich erst, wenn außerdem die Inflation berücksichtigt wird. Diese Zahl zieht man vom effektiven Zinssatz ab, um den realen Zinssatz zu erhalten.

Wie ist es nun heute um die Inflation bestellt? Zuletzt fiel die Rate deutlich höher aus als in der jüngeren Vergangenheit, als sie weit unter dem Ziel von rund 2 Prozent lag. Bislang wollte die EZB die Euro-Inflationsrate auf »unter aber nahe 2 Prozent« begrenzen. Im Juli hat der EZB-Rat um die französische Präsidentin Christine Lagarde das Ziel ein wenig gelockert. Zukünftig wird die Zentralbank daher eine höhere Inflationsrate von über 2 Prozent zumindest eine Zeit lang tolerieren. Erst dann würde sie ihren Leitzins, der jetzt bei 0,0 Prozent liegt, anheben.

Dies ist für die Wirtschaft (und ihre Beschäftigten) und auch für die Euro-Finanzminister eine gute Nachricht. Denn auf lange Sicht werden möglicherweise niedrige Zinsen bestehen bleiben. Das erfreut ebenso die privaten Häuslebauer, die demnächst eine neue Baufinanzierung erstellen müssen. Zu den Gewinnern zählen in diesem Zusammenhang auch Vermögende, denn deren typische Geldanlagen (Aktien, Immobilien) dürften nun weiter im Kurs steigen.

Schlechte Nachrichten - und nun?

Für traditionelle Sparer sind die EZB-Beschlüsse allerdings eine schlechte Nachricht. Zinsen und Renditen für Sparbuch, Banksparbrief oder vergleichsweise sichere Wertpapiere bleiben auf absehbare Zeit historisch niedrig. Vor diesem Hintergrund sollten gerade die Kleinsparer prüfen, ob sie alle staatlichen Fördermöglichkeiten bereits nutzen.

»Riestern« kann sich für Familien und Menschen mit niedrigem Einkommen - allen Medienkampagnen zum Trotz - auszahlen. Vermögenswirksame Leistungen, auch bekannt als VL oder VwL, können abhängig Beschäftigten dank staatlicher Prämien und eventueller Leistungen des Unternehmens eine ansehnliche Verzinsung bieten. Kostengünstige VL-Modelle werden von Gewerkschaften offeriert, was den Effektivzins erhöht.

Vor allem jüngere Leserinnen und Leser sollten über alternative Anlagemöglichkeiten in aller Ruhe nachdenken. Ein solide strukturiertes Depot aus Indexfonds (oder preiswertere »ETF«) könnte sich längerfristig auszahlen. »Längerfristig« meint einen Zeitraum von fünf, zehn Jahren oder sogar noch länger.

Sie könnten einen Fonds, der sich an einem Index »Aktien Europa« orientiert, mit einem Indexfonds »Staatsanleihen« und einem Indexfonds »Unternehmensanleihen« mixen. Weitere Schwerpunkte lassen sich nach Belieben setzen. So könnten Sie Indizes wählen, die auf soziale Nachhaltigkeit oder Klimaschutz wetten.

Nicht alles auf eine Karte setzen

Ein wichtiger Rat ist dabei: Setzen Sie nicht alles auf eine Karte. Als Faustformel gilt gemeinhin: Nur ein Viertel ihres Ersparten sollte in Anlagen investiert werden, die auch an Wert verlieren können. Ob großer Investor oder kleiner Sparer, wenn sie unliebsame Überraschungen vermeiden wollen, sollten Sie ihre Geldanlage möglichst breit streuen.

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