Kinderbetreuung als Zukunftschance

Tagespflege-Lehrgang für geflüchtete Frauen kommt gut an und soll zur Jobcenter-Maßnahme werden

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 4 Min.

Stolz lächelnd präsentieren die Frauen in der Küche des Bildungswerks Kreuzberg (BKW) das Essen, das sie vorbereitet haben, dem Einrichtungsleiter Nihat Sorgeç und Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke): Hummus, Baba Ganoush, mit Reis gefüllte Mangoldstücke, frittierte Thunfischbällchen und viele weitere Leckereien stehen bereit, nur eine Nachspeise wartet noch auf Vollendung. Hier muss Elke Breitenbach selbst Hand anlegen und unter Anleitung Sorgeçs die letzten Teigfäden auf die großen Künefe-Platten verteilen, bevor sie in den Ofen geschoben werden.

Gekocht haben am Montagabend die Teilnehmerinnen des Projekts »Vielfalt in der Kindertagespflege«. Gefördert durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales werden hier 14 Frauen mit Flucht- und Einwanderungsgeschichte auf ihre Qualifikation als Tagespflegerin vorbereitet.

Mehr Personal in der Kinderbetreuung wird seit Jahren bitter benötigt und die Aufstockung kommt nur schleppend voran. Die Situation in der Hauptstadt hat sich zwar seit 2014 verbessert, wie eine am Dienstag veröffentlichte Analyse der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Trotzdem sei eine vollzeitbeschäftigte Kraft in Krippengruppen noch für 5,2 ganztagsbetreute Kinder zuständig - das sind fast zwei Kinder mehr als durchschnittlich in den westlichen Bundesländern. Die Studie berechnet außerdem, dass in Berlin für eine adäquate Kinderbetreuung bis 2030 7000 Fachkräfte mehr in den Beruf starten müssten als es die aktuellen Ausbildungskapazitäten hergeben. Das heißt, es bräuchte statt der erwarteten 22 000 Erzieher*innen mindesten 29 000.

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»Es gibt ganz viele Frauen, die bringen schon Kompetenzen und Erfahrungen mit und würden gerne in diesem Bereich tätig sein. Deshalb bieten wir ihnen eine entsprechende Qualifikation als Tagesmutter an«, sagt Elke Breitenbach. Der kostenlose Lehrgang im BKW sei dafür eine Vorschaltmaßnahme, die tatsächliche Qualifizierung soll dann über die Jobcenter und Arbeitsagenturen stattfinden.

Die beiden Kurdinnen Narmin Korshid und Nino Sultanova, die an dem Lehrgang teilnehmen, sind vor vielen Jahren aus dem Irak und aus Georgien nach Deutschland gekommen. »Wir haben immer gedacht, wir machen zusammen eine Kindertagespflege auf«, sagt Sultanova. Durch die Fortbildung sei aber klar geworden, dass ihnen dafür ein ordentlicher Berg an Bürokratie abverlangt werde, denn sie müssten sich dafür selbstständig machen. Nach dem Praktikum in einer Kita, das sie im Rahmen des Projektes absolviert hat, käme für sie stattdessen eine Ausbildung zur Erzieherin in Frage, erzählt Korshid. »In der Kita haben sie mir gesagt, ich soll schnell meine Qualifizierung fertig machen, dann könnte ich anfangen, dort zu arbeiten«, sagt sie stolz. Auch Sultanova hofft darauf, einen Job in der Kinderbetreuung zu finden.

Der Lehrgang im BKW hat beiden Frauen sehr gut gefallen. In ihren Kursen hätten sie einiges gelernt, unter anderem über das Rentensystem und die Vorgaben des Finanzamtes für Selbstständige. Außerdem habe sich die 14-köpfige Gruppe gut verstanden und bei Fragen gegenseitig helfen können. »Manche haben noch Probleme damit, deutsch zu sprechen, oder mit dem Aufenthaltsrecht. Es war schön, Frauen in viel schwierigeren Situationen helfen zu können und auch etwas Sicherheit zu geben«, sagt eine Teilnehmerin.

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Eine, die sich in einer solch schwierigen Situation befindet, ist Aveen Eysif. Die 33-jährige Irakerin wohnt seit 16 Jahren in einer Unterkunft in Spandau und hat keine langfristige Aufenthaltserlaubnis, sondern nur eine Duldung. Sich in Deutschland ein Leben aufzubauen, werde dadurch unglaublich erschwert. Geduldete Menschen können zum Beispiel keine Integrationskurse belegen und müssen ständig damit rechnen, abgeschoben zu werden. »Ich habe viele Probleme zu Hause, ich wohne mit meinem Mann und zwei Kindern in einem einzigen Zimmer und habe viel Stress mit den Papieren. Aber wenn ich hier mit den Kindern zusammenarbeite, ist es wie ein Traum, ich kann das alles vergessen«, beschreibt Eysif ihre Erfahrungen.

Über das Modellprojekt im BKW, das im Februar diesen Jahres gestartet ist und im September endet, ziehen alle Beteiligten eine positive Bilanz. Ausnahmslos alle Teilnehmerinnen loben den Lehrgang, die Lehrkräfte zeigen sich begeistert von ihren Schülerinnen und auch BKW-Leiter Sorgeç äußert sich zufrieden über den Ablauf.

Sybill Schulz, leitende Koordinatorin der Stabstelle Flüchtlingsmanagement, hofft nun auf eine Verstetigung des Projekts. »Wir werden das Projekt nach Abschluss evaluieren und wollen dann erreichen, dass die Maßnahme von den Arbeitsagenturen anerkannt und fortgeführt wird«, sagt sie.

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