Was steckt hinter mancher Smartphone-Bank?

Neues denken der Finanzdienstleister

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Tomorrow wird neuer Partner beim FC St. Pauli. Der Finanzdienstleister steigt in die Kategorie »Kiezkönig« ein. Gemeinsam wollen der Fußballzweitligist und Tomorrow »die Welt besser machen«, heißt es ironiefrei in einer Mitteilung. »Der Finanzdienstleister denkt Banking neu, stellt Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt seines Handelns und passt damit hervorragend zum FCSP.«

Mit seiner Art und Weise, Banking zu revolutionieren und ganzheitlich transparent zu agieren, sei Tomorrow alles andere als konventionell, gerade im zumeist sehr traditionellen Finanzbereich, jubelt Bernd von Geldern, »Geschäftsleiter Vertrieb« des Fußballklubs vom Millerntor.

Ganz so anders als klassische Banken agiert die Smartphone-Bank dann aber doch nicht. Im Unterschied zum mittlerweile auch schon herkömmlichen Online-Banking, das über Computer, Laptop und Internet läuft, setzen die neuen »Fintechs« (Finanzdienstleister, die auf neue Technik setzen) auf den einen Gerätetyp, der viele Menschen angezogen hat: das Smartphone. Mit neuen Programmen für das Handy verkaufen Fintechs Girokonten, Kfz-Policen oder Finanzanlagen.

Tomorrow wirbt auf seiner Internetseite für »Banking for a better future«: »Konventionelle Banken nutzen dein Geld und investieren es in Waffen, Kohle und andere schädliche Industrien - ohne dein Einverständnis. Wir investieren dein Geld ausschließlich in nachhaltige Projekte«, heißt es.

Doch bevor die Kohle in Windmühlen oder Öko-Bauernhöfe fließen kann, muss erst einmal ein Girokonto eröffnet werden. Das Zahlungskontengesetz (ZKG) sieht für Girokonten jeder Art eine sogenannte Entgeltinformation vor. Darin müssen in einem kurz gehaltenen, eigenständigen Dokument Informationen über Gebühren aufgelistet werden. Sie berichten dem Kunden etwa über Kontogebühren, Kosten einer Überweisung oder die Kosten einer Kreditkarte. Im Idealfall kann der Verbraucher somit die Preise seiner Bank vergleichen und im Zweifel auf einer Vergleichs-Website nach preiswerteren Alternativen Ausschau halten.

Im Visier der Verbraucherschützer

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat vor diesem Hintergrund kürzlich zehn Smartphone-Banken genauer unter die Lupe genommen. Die Verbraucherschützer monieren: Nicht alle Anbieter erfüllen die vorgeschriebenen Anforderungen in punkto Kostentransparenz für das Girokonto!

Die Marktbeobachter des vzbv berücksichtigten bei ihrer Untersuchung nur solche Smartphone-Banken, die sich an Privatkunden richten. Ausgewählt wurden: Bunq, Fidor, Insha, Monese, N26, O2 Banking, Open Bank, Revolut, Tomorrow und Vivid Money - kultige, anglophile Namen, die eigentlich für sich sprechen. Diese Institute decken derzeit den größten Teil der in Deutschland aktiven Smartphone-Banken ab. Nach der vubv-Untersuchung stellten nur fünf der Fintechs Entgeltinformationen zur Verfügung. Bei diesen handelt es sich um Anbieter mit einer eigenen Lizenz. Dazu zählen Bunq, Fidor, N26, Open Bank und Revolut.

Bei den anderen fünf gestaltet sich die sogenannte Transparenz undurchsichtig. Drei verwiesen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die kooperierende Hintergrundbank. Bei zwei anderen Smartphone-Banken fand sich nicht mal eine Angabe zur Entgeltinformation. Auch gab es keinen Hinweis, wo diese zu bekommen wäre. Dabei handelte es sich nach Angaben des vzbv um O2 Banking und Monese.

Manche Smartphone-Banken haben selbst keine Banklizenz, sondern kooperieren mit der Solarisbank, die alle regulatorischen Voraussetzungen erfüllt. Die Solarisbank AG ist ein in Deutschland zugelassenes Kreditinstitut mit Sitz in Berlin. »Wir ermöglichen es Unternehmen, digitale und rechtlich konforme Finanzprodukte anzubieten«, so die Solarisbank AG. Kunden wie Tomorrow können auf der Plattform der Solarisbank eigene Bankprodukte erstellen und ihren Kunden anbieten.

Im Kern ist dies ein altes Modell, wie es etwa Zahlungsdienstleister Visa, Mastercard oder auch der Skandalkonzern Wirecard anbieten, die Banken und Unternehmen eigene Produkte zur Verfügung stellen, die sie dann in ihre Geschäftsmodelle einbauen. Billig ist das nicht. Denn in solchen Hybrid-Modellen wollen zwei ans Geld der Kunden ran.

Aufstieg zum »Unicorn«

Die Solarisbank und ihre »Franchisenehmer« sind damit erfolgreich. Zwar betrugen die gesamten Erträge im vergangenen Jahr nur 35 Millionen Euro. Der erst 2016 gegründete Berliner Dienstleister spielte aber im Juli 2021 in einer weiteren Finanzierungsrunde mit Investoren satte 190 Millionen ein und stieg damit zum Unicorn (»Einhorn«) auf. Das sind Unternehmen mit einem Marktwert von mehr als 1 Milliarde Euro. Zeitgleich gab Solarisbank den Kauf des britischen Wettbewerbers Contis Group bekannt und sieht sich nun als Marktführer in Europa.

Nach dieser jüngsten Finanzierungsrunde will das Fintech Solarisbank »in eine IPO-fähige Größe hineinwachsen«, also sich für die Börse fit machen. Unternehmensgründer und ihre Finanziers und Aktionäre machen dann meist richtig Kasse. »Wir erwarten für 2022 einen dreistelligen Millionen-Umsatz und haben uns vorgenommen, ab dem zweiten Quartal 2022 börsenfähig zu sein - das müssen dann die Aktionäre entscheiden«, sagte der Chef Roland Folz in einem Interview mit der »Börsen-Zeitung«. Worin nun das »revolutionäre Banking« besteht, welches der Vorstand des FC St. Pauli erkannt haben will, mag an dieser Stelle im Auge des Betrachters liegen.

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