Bruder des Erben verlangt sein Pflichtteil
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Im vorliegenden Fall war die Witwe S. im Jahr 2017 gestorben und hatte ein Barvermögen von mehr als 330 000 Euro hinterlassen. In früheren Testamenten hatte sie bestimmt, dass der Nachlass unter ihren drei Kindern gleichmäßig aufzuteilen sei, wie es der gesetzlichen Erbfolge entspreche.
In einem Testament von 2015 setzte die Frau dagegen ihren Sohn A. als Alleinerben ein und begründete dies mit seinen Pflegeleistungen für sie. Seit 2007 werde sie von ihm betreut, auch verwalte er das Mehrfamilienhaus, schrieb die Mutter. Deshalb sollen die beiden anderen Kinder nur den Pflichtteil erhalten. Darauf habe sie ihrem Sohn B. schon 10 000 Euro ausgezahlt.
Nach dem Tod der Mutter verlangte der Sohn B. von seinem Bruder den Pflichtteil, das heißt die Hälfte des Betrags, der ihm gemäß gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte - also ein Sechstel des Vermögens statt einem Drittel. Der erbende Sohn A. rückte jedoch nur 14 541 Euro heraus. Seine Begründung: Irgendwie müssten ja seine aufopfernden Pflegeleistungen für die Erblasserin ausgeglichen werden. Mit dieser Zahlung ließ sich der Sohn B. aber nicht abspeisen. Er forderte von seinem Bruder A. den vollen Pflichtteil.
Das Landgericht sprach dem Sohn B. weitere 31 666 Euro zu. Ohne Erfolg wehrte sich der Erbe gegen diese Entscheidung, die vom Bundesgerichtshof (Az. IV ZR 269/20) mit Urteil vom 24. März 2021 bestätigt wurde.
Erblasser hätten beim Verfassen des Testaments die Möglichkeit, Pflegeleistungen zu honorieren. Sie könnten dem Pflegenden als Ausgleich bestimmte Gegenstände vermachen oder ihm/ihr einen erhöhten Erbteil zuwenden, erklärten die BGH-Richter. So sei es auch im konkreten Fall geschehen. Die Erblasserin habe Sohn A. als Alleinerben eingesetzt, die anderen Kinder vom Erbe ausgeschlossen und ihnen nur den Pflichtteil zuerkannt. Die Erbeinsetzung habe sie ausdrücklich mit den Leistungen des Sohnes A. für sie begründet. Mit der Erbschaft seien diese Leistungen dann aber auch abschließend abgegolten. Ein darüber noch hinausgehender Anspruch auf Ausgleich sei ausgeschlossen. Den Geschwistern stehe demzufolge ihr Pflichtteil in voller Höhe zu. OnlineUrteile.de
Ein Testamentsvollstrecker kann entlassen werden
Von der Anordnung einer Testamentsvollstreckung erhoffen Erblasser sich, dass der Nachlass schnell, ordnungsgemäß und reibungslos auseinandergesetzt wird. Doch was tun, wenn diese Erwartung trügt?
In diesem Fall können Miterben beim Nachlassgericht einen Entlassungsantrag stellen, entschied das Oberlandesgericht Naumburg (Az. 2 Wx 31/20) mit Beschluss vom 23. Februar 2021. Darauf verweist die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Eine Frau beerbte ihre Pflegeeltern als Schlusserbin. Die Erblasser hatten sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und nach dem Tod des Letztversterbenden ihre beiden Pflegekinder. Für diesen Schlusserbfall hatten sie einige Vermächtnisse und Auflagen angeordnet und einen Freund zum Testamentsvollstrecker bestimmt.
Nach dem Tod beider Ehegatten nahm dieser das Amt an und erhielt ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Doch er erteilte erst mit erheblicher Verzögerung Auskunft über den Nachlass. Als nach über fünf Jahren der Nachlass immer noch nicht vollständig abgewickelt und auch das Erbschaftsteuerverfahren noch nicht abgeschlossen war, beantragte die Frau als Miterbin, den Testamentsvollstrecker zu entlassen.
Zu Recht. Nach den gesetzlichen Vorschriften kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Miterben entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher lagt hier vor, weil der Testamentsvollstrecker eine grobe Pflichtverletzung beging oder sich als unfähig erwies, in angemessener Zeit den Nachlass ordnungsgemäßen abzuwickeln.
Wenn es wie hier immer wieder monatelange Phasen der vollständigen Untätigkeit des Testamentsvollstreckers gegeben hat und nach etwa fünfeinhalb Jahren das Erbschaftssteuerverfahren noch immer nicht abgeschlossen und der Nachlass noch nicht auseinandergesetzt worden ist, so rechtfertigt dies die Entlassung des Testamentsvollstreckers, wenn er die benannten Pflichtverletzungen nicht abstellt und auch keine hinreichende Erklärung für die ungewöhnlich lange, mehrjährige Dauer der Abwicklung geben kann. DAV/nd
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