Das Band der Solidarität

Unteilbar bringt bei einer Demonstration in Berlin Friedens-, Sozial- und Umweltaktivisten zusammen

  • Johanna Montanari
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Symbol auf dem Demonstrationswagen ist eindeutig: Zwei Hände, überkreuz ausgestreckt. Sie stehen für eine solidarische und gerechte Gesellschaft. Dafür demonstriert das Bündnis Unteilbar am Samstag im Zentrum Berlins. Aus dem Lautsprecher hallt eine Stimme, die die Aufnahme von Geflüchteten aus Afghanistan fordert. Wenig später redet Wiebke Judith von Pro Asyl zu dem Thema. Trotz der offensichtlichen Not in Afghanistan, wo die Taliban wieder die Macht an sich gerissen haben, würden viele deutsche Politiker vor allem betonen, dass sich die Situation von 2015, als verhältnismäßig viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, nicht wiederholen dürfe. »Tatsächlich nicht wiederholen darf sich aber Verantwortungslosigkeit«, fordert Judith. Menschen in Not müsse geholfen werden, etwa über Aufnahmeprogramme von Bund und Ländern.

Ein paar Meter entfernt ist der Friedensblock der Demonstration zu sehen. Die Aktivisten positionieren sich gegen Atomwaffen und bewaffnete Drohnen, auf deren Beschaffung Politiker der Union nach dem Desaster in Afghanistan noch stärker drängen als zuvor. Auf ihren Transparenten klagen die Menschen das Militär an. Denn das sei der »Klimakiller Nummer eins«.

Diese und weitere Forderungen richten sich an die künftige Bundesregierung. In drei Wochen ist Bundestagswahl und der Wahlkampf befindet sich in seiner heißen Phase. Unteilbar ist eine Reaktion auf den Rechtsruck der Gesellschaft und verbindet dabei unterschiedliche Themen. Neben der Friedenspolitik und einer menschlicheren Asylpolitik stehen soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, der Mietenwahnsinn in Großstädten und das marode Gesundheitssystem im Zentrum. Diese Themen müssten angegangen werden, um den sozialen Zusammenhalt zu sichern, so das Bündnis. Mehr als 340 Organisationen mobilisieren nach Berlin. Darunter sind der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Pro Asyl und die Klimabewegung Fridays for Future. Vertreter von Linkspartei, SPD und Grüne nehmen ebenfalls am Protestzug teil.

Wegen der Corona-Pandemie tragen die Teilnehmenden Masken und halten Abstände ein. Um die Veranstaltung zu entzerren, gibt es nicht einen, sondern viele Startpunkte. Diese sind verteilt auf eine Strecke von mehr als zwei Kilometern. Die Organisationen verteilen sich auf 16 Blöcke mit ebenso vielen Lautsprecherwagen. Trotz des Bahnstreiks kommen laut Bündnis 30 000 Menschen zusammen. Laut Polizeiangaben verläuft die Demonstration ohne Zwischenfälle.

Sie beginnt mit einer Auftaktkundgebung im Bereich der Straße des 17. Juni, des Brandenburger Tors und des Potsdamer Platzes, bewegt sich dann zum Alexanderplatz, hinter dem ein Abschlussprogramm bis zum Abend organisiert ist. Dieses wird auch als Stream übertragen. Hier sprechen unter anderem die Fridays-for-Future-Aktivistin Carla Reemtsma sowie die Journalistin und Gründerin des »Missy Magazines«, Chris Köver. Außerdem wird eine Videobotschaft des US-amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden ausgestrahlt. Musik kommt unter anderem von dem Rapper Max Herre und Christiane Rösinger. Von der letztgenannten Musikerin sind folgende Zeilen zu hören: »Wer lebt prima und wer eher prekär, wer geht putzen und wer wird Millionär?«
Passend dazu schlägt Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband in seiner Rede den Bogen zur ersten Unteilbar-Demo 2018. Er beklagt, dass sich seitdem in Deutschland kaum etwas zum Besseren gewandelt habe. Vielmehr hätten sich in diesen drei Jahren die Armut und die Zahl derer, die ausgegrenzt werden, noch vergrößert. »Das ist eine Schande«, ruft Schneider.

Unteilbar hat erstmals im Herbst 2018 auf sich aufmerksam gemacht. Damals gingen mehr als 240 000 Menschen auf die Straße – viel mehr als erwartet. Die Demonstration fand damals kurz nach rassistischen Hetzjagden in Chemnitz und rechtsradikalen Demonstrationen in Köthen statt. Anschließend organisierte das Unteilbar-Bündnis weitere Demonstrationen, unter anderem nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle.
Anna Spangenberg vom Organisatoren-Team zieht im Anschluss an die Demonstration am Samstag ein positives Fazit: »Als unteilbare Zivilgesellschaft haben wir heute unüberhörbar klar gemacht, dass wir andere politische Prioritäten wollen und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen.«

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