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Atommüll im Hochwassergebiet: Kritik an Deponieplan

Nach Flutkatastrophe wächst der Widerstand gegen geplantes Zwischenlager in Würgassen. Aktionstag in Hannover gegen Endlager

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Bundesumweltministerium nennt, was da in der Weseraue im Dreiländereck zwischen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen geplant ist, ein «Logistikzentrum». Tatsächlich handelt es sich um ein Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll aus deutschen Atomkraftwerken, das auf dem Gelände des 1994 stillgelegten AKW Würgassen gebaut werden soll.

Anfang März 2020 hatte das Ministerium bekanntgegeben, in Würgassen werde das «zentrale Logistikzentrum für das Endlager Konrad» errichtet. Dieses befindet sich im 120 Kilometer entfernten Salzgitter im Süden Niedersachsens.

«Völlig wahnsinnig» findet der niedersächsische Landtagsabgeordnete Christian Meyer (Grüne) das Vorhaben, die Lagerhalle in einem von Überschwemmungen heimgesuchten Gebiet zu bauen. Der Standort, auf dem der Bau neuer Einfamilienhäuser verboten ist, sei «einfach ungeeignet» sagte der Politiker gegenüber dem NDR. Das sei «in der heutigen Zeit völlig absurd».

Geteilt werden Meyers Bedenken von der Bürgerinitiative «Atomfreies 3-Ländereck», die Gegner der geplanten oberirdischen Halle aus Stahlbeton aus NRW, Niedersachsen und Hessen vereint. Sie begründen ihre Ablehnung unter anderem mit dem Hinweis, dass der Baugrund am ehemaligen AKW instabil sei. Auch lägen Wohnhäuser viel zu nahe an Deponie. Die Hochwasserproblematik gebe dem Standort aber definitiv den Rest, heißt es aus den Reihen der BI.

Die bundeseigene BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH treibt die Planungen für das Zwischenlager nach Angaben der Gegner aber unbeirrt weiter voran. Dabei würden Gefahren von Bodenabsenkungen ebenso ignoriert wie das Hochwasserrisiko. BGZ-Sprecher Hendrik Kranert-Rydzy erklärte indes, das Projekt sei völlig unproblematisch. Das Gelände werde aufgeschüttet, für die mit dem Hallenbau verbundene Flächenversiegelung werde im Wesertal «Ersatz-Retentionsraum» geschaffen, so der Sprecher gegenüber dem NDR. Zudem stützt sich die Gesellschaft auf das Gutachten des Wasserbauexperten Jürgen Jensen von der Universität Siegen. Für den Standort habe man einen «Bemessungsabfluss» ermittelt, der so groß sei, «dass das bisher größte Hochwasser in dem Bereich von 1946 und ein Hochwasser von 1995 zusammen. Darüber hinaus bleibe »immer noch eine kleine Reserve«.

Landes- und Kommunalpolitiker aus der Region um Würgassen haben sich mit ihren Bedenken gegen das Zwischenlager an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) gewandt. Sie fordern, der Bund möge die Kriterien offenlegen, die zur Auswahl des Standortes Würgassen geführt haben. Auch solle ein neues Auswahlverfahren gestartet werden. Im Februar wurde zudem eine von fast 12 000 Menschen unterzeichnete Petition gegen den Zwischenlagerbau beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht.

Nach bisherigen Planungen soll mit dem Bau der 325 Meter langen, 125 Meter breiten und 16 Meter hohen Halle - das entspricht der Fläche von drei Fußballstadien - 2023 begonnen werden. Darin soll der Atommüll laut Bundesumweltministerium gesammelt und sortiert werden. Von dort aus soll er sukzessive in das bereits im Bau befindliche zentrale Endlager der Bundesrepublik für schwach und mittelradioaktiven Abfall Schacht Konrad in Salzgitter verbracht werden.

Doch auch Schacht Konrad wird nicht nur von atomkritischen Vereinen, sondern auch von zahlreichen Kommunalpolitikern - und der IG Metall abgelehnt. Gegner des Endlagers übergaben Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) am Samstag in Hannover eine Liste mit über 20 000 Unterschriften. Die Unterzeichner fordern die Rücknahme der Genehmigung für den Bau des Endlagers. Zuvor war ein Traktorenkonvoi von Salzgitter in die Landeshauptstadt gerollt. Einer Demonstration vom Bahnhof zum Landtag schlossen sich gut 150 Menschen an, unter ihnen auch Salzgitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel. »Wir geben nicht auf, bis das Projekt Konrad aufgegeben wird«, versprach der CDU-Politiker auf der Demo.

Silke Westphal vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Konrad betonte, das »alte und marode Bergwerk Konrad« sei für die Lagerung von Atommüll völlig ungeeignet. Namens der Grünen im Landtag, die ebenfalls den Widerruf der Genehmigung fordern, bekräftigte Fraktionschefin Julia Willie Hamburg: »Schacht Konrad darf nicht zum Endlager zweiter Klasse werden. Für alle Arten von Atommüll müssen gleichermaßen hohe Anforderungen gelten.«

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