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Bessere Geschäfte nach Börsenhype
Videospielkette Gamestop erhöht Umsatz deutlich
Vor nicht allzu langer Zeit stimmten Analysten Abgesänge auf den US-Videospielhändler Gamestop wegen dessen angeblich veralteten Geschäftsmodells an, doch das Unternehmen mit rund 14 000 Mitarbeitern boomt derzeit: Im zweiten Quartal kletterte der Umsatz auch dank der Erholung von der Coronakrise um gut ein Viertel auf 1,18 Milliarden Dollar, wie Gamestop am Mittwoch am Firmensitz im Städtchen Grapevine (Texas) mitteilte. Verluste schreibt man aber immer noch, auch wenn sie sich auf 61,6 Millionen Dollar etwa halbiert haben.
Anfang des Jahres machte der Einzelhändler von sich reden, als sich der Kurs der Aktie innerhalb weniger Tage etwa verzwanzigfachte. Junge, technikaffine Kleinanleger organisierten über das Chatportal Reddit die Rallye, die mehreren auf Kursverluste spekulierenden Hedgefonds Milliardenverluste bescherte. Börsenfachleute hielten dies für ein Strohfeuer, doch der starken Schwankungen unterliegende Aktienkurs von Gamestop verzeichnet auf Jahressicht aktuell ein Plus von fast 2500 Prozent – der Rückgang um acht Prozent nach Vorlage der besser erwarteten Geschäftszahlen fällt da kaum ins Gewicht. Die neue Börsenszene, die sich längst auch auf die Aktien zahlreicher anderer Unternehmen stürzt, hat einen unerwartet langen Atem. Zudem findet Gamestop auch bei konventionellen Großinvestoren wieder Anklang.
Jenseits der Börsenturbulenzen, die die Wall-Street-Welt ziemlich durcheinwanderwirbelten, gibt es jedoch auch harte Gründe für den Aufstieg. Ähnlich wie einst die Schallplatte wurden Videospiele als physische Datenträger, die es in Game-stop-Läden neu oder gebraucht zu kaufen gibt, zu Unrecht für tot erklärt. Es findet sich weiterhin eine nicht kleine Kundschaft dafür. Außerdem baut das Unternehmen seit Monaten den E-Commerce-Bereich mit größeren Investitionen aus. So hat man gerade ein großes Abwicklungszentrum in Reno im Bundesstaat Nevada angemietet. Auch der Bereich Kundenbetreuung wird ausgeweitet.
Ob sich das Ganze irgendwann wieder in schwarzen Zahlen niederschlagen wird, bleibt allerdings offen. Die neuen Unternehmenschefs gaben bei der Vorstellung der Zahlen keine Jahresprognose heraus und beantworteten – entgegen den Gepflogenheiten in der Finanzwelt – auch keine Nachfragen von Analysten.
Vielleicht möchte man nach den turbulenten Monaten mal für Ruhe sorgen und nicht neuen Spekulationen Vorschub leisten. Profitiert hat Gamestop natürlich vom Börsenhype: Mit der Ausgabe neuer Aktien konnte man im Juni rund 1,1 Milliarden Dollar einstreichen, die für die Expansion gebraucht werden. Bei der juristischen Aufarbeitung der Vorgänge von Anfang des Jahres ist man zwar involviert – so hat die US-Börsenaufsicht SEC gerade neue Unterlagen vom Unternehmen angefordert. Doch die Ermittlungen richten sich nicht gegen Gamestop, sondern gegen das etwas undurchsichtige Vorgehen von Handelsplattformen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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