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Weniger Krankmeldungen, längere Fehlzeiten
AOK-Report: Führungskräfte aus dem Pflegebereich gingen in der Pandemie häufiger krank zur Arbeit
Was brachte die Covid-19-Pandemie bislang in Sachen Krankschreibungen? Der neue Report der AOK zum Thema Fehlzeiten, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, berichtet von einer Seitwärtsbewegung: Weniger Krankmeldungen, aber eine längere Krankheitsdauer wurden in Bezug auf die 15,6 Millionen der in der Krankenkasse versicherten Erwerbstätigen festgestellt. Betrachtet wurde der Zeitraum von März 2020 bis Juli 2021. Die gesunkenen Fallzahlen wurden also durch den höheren Schweregrad der Erkrankung quasi ausgeglichen. Das könnte laut Helmut Schröder vom AOK-Forschungsinstitut WIdO auch damit zusammenhängen, dass Arztbesuche aus Angst vor einer Corona-Ansteckung verschoben wurden, bis andere Symptome zu heftig wurden.
Besonders stark erhöhte sich die Zahl der je Fall beobachteten Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen: Es waren noch einmal vier Tage mehr, bei den Herz-Kreislauf-Erkranken waren es 2,5 Tage mehr als vor der Pandemie. In Bezug auf weniger Krankmeldungen fällt auch in dieser Untersuchung der Rückgang bei Infektions- und Atemwegserkrankungen auf. Im genannten Pandemie-Zeitraum verursachten Atemwegserkrankungen 30,6 Krankmeldungen je 100 AOK-Mitglieder - das waren im Durchschnitt 18,2 Fälle weniger als im Vergleichszeitraum vor der Pandemie.
Der Report ging unter anderem der Frage nach, wie Unternehmen aufgestellt sein müssen, damit sie samt ihren Belegschaften gut durch die Pandemie kommen. Dafür wurden die in dieser Zeit durchgängig Beschäftigten befragt. Für die meisten gab es flexiblere Arbeitsbedingungen: Fast 70 Prozent der Befragten nannten Homeoffice als Möglichkeit in ihren Betrieben, 61 Prozent zudem flexiblere Arbeitszeiten, annährend 48 Prozent aber auch Überstunden. Der Abbau von Überstunden war dann nur noch bei 35 Prozent der Befragten möglich. 24 Prozent waren auch in Kurzarbeit.
Insgesamt fiel den Auswertern auf, dass Unternehmen und Führungskräfte durchaus positiv beurteilt wurden, darunter deren schnelle Kommunikation und Entscheidungen im Umgang mit der Pandemie. Luft nach oben gab es nach Einschätzung der Beschäftigten jedoch bei der Reduzierung der Arbeitsbelastung und der Annahme von Mitarbeitervorschlägen. Die Beschäftigten schätzten zudem ein, dass es ihnen in der Pandemie schwerer gefallen sei, nach der Arbeit abzuschalten, sich nach stressigen Situationen wieder zu beruhigen oder sich Pausen zu gönnen. Unter dem Strich lässt sich sagen: Je anpassungsfähiger und flexibler Beschäftigte sich selbst und ihr Unternehmen in der Pandemie empfunden haben, desto besser bewerten sie am Ende auch ihren Gesundheitszustand und ihr individuelles Wohlbefinden.
Jedoch gilt dieser eher positive Befund durchaus nicht für alle. Die höchsten Fallzeilen bei Krankmeldungen gab es nämlich in bestimmten Berufsgruppen, an der Spitze bei jenen, die in der Betreuung und Erziehung von Kindern arbeiten, es folgen die Ergotherapeutinnen sowie die Pflegekräfte in Heimen, in der ambulanten Versorgung und in Krankenhäusern.
Gerade in der Altenpflege sind die ohnehin starken Belastungen in der Pandemie noch weiter gestiegen, wie Kira Isabel Hower, eine der Autorinnen des Fehlzeitenreports nachweisen konnte. »Der Hauptbelastungsfaktor war die Sorge um das psychische Wohlergehen der Pflegebedürftigen, insbesondere bei Menschen mit dementieller Erkrankung«, sagte die Gesundheitswissenschaftlerin. Für ihre Untersuchung waren Leitungskräfte in der stationären und ambulanten Pflege befragt worden. Diese sahen sich nahezu vollständig (99 Prozent) durch Sorgen angesichts von möglichen Corona-Infektionen bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie bei Pflegebedürftigen herausgefordert. Mehr als verdoppelt hat sich der Anteil unter ihnen, die sich um das allgemeine Wohlergehen der Pflegebedürftigen sorgen. Unter dem Druck dieser Verantwortung seien Leitungskräfte häufiger krank zur Arbeit gekommen als vor der Pandemie. Hower wies auch darauf hin, dass es bei diesen Befunden eine Varianz gibt. Besser ging es jenen Leitungskräften, in deren Betrieben ein hoher sozialer Zusammenhalt und soziale Unterstützung die Regel waren. Betriebliche Gesundheitsförderung hätte aber laut der Wissenschaftlerin ein Glaubwürdigkeitsproblem, solange die Arbeitsbelastung - etwa durch zusätzliches Personal - nicht wirksam reduziert werde.
Bei den knapp 660 000 Pflegekräften, die bei der AOK versichert sind, waren letztes Jahr im Durchschnitt 25,4 Arbeitsunfähigkeitstage zu verzeichnen. Das waren 6,1 Fehltage mehr als im Durchschnitt aller Mitglieder der Krankenkasse. AOK-Vorstand Martin Litsch rechnete vor, dass schon dann, wenn die Pflegekräfte nur so lange krank geschrieben seien wie der Durchschnitt, das Arbeitsvolumen von 11 000 Vollzeitkräften zusätzlich bereit stünde. Ein weiteres dringendes Signal an Politik und Unternehmen, aktiv zu werden. Auch Litsch ist klar, dass betriebliche Gesundheitsförderung in den Betrieben allein nicht ausreicht, um die Arbeitsbedingungen in dem Bereich grundlegend zu verbessern. Die Anstrengungen müssten über die aktuell bereits eingeleiteten Reformen hinausgehen.
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