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Der »Bruder«
Vize-Talibanchef Mullah Abdul Ghani Baradar meldet sich zurück
Man hatte Mullah Baradar, den Taliban-Vizechef, schon tot geglaubt; mehrere Tage war er nicht öffentlich zu sehen. Böse Zungen erklärten dies mit internen Machtkämpfen innerhalb der Taliban, denen er zum Opfer gefallen sei. Die Information verbreitete sich schnell als Gerücht über die sozialen Medien. Vergangene Woche strafte er alle Lügen und trat im staatlichen Fernsehen auf: »Gott sei Dank geht es mir gut und ich bin gesund.« Er lebe noch und sei auch nicht schwer erkrankt. Und von angeblichen Machtkämpfen innerhalb der Taliban-Führungsriege wollte er auch nichts wissen. Er sei auf Reisen gewesen außerhalb der Hauptstadt und habe keinen Zugang zu Medien gehabt.
Aber ist das die wahre Erklärung? Der 53-jährige Abdul Ghani Baradar wurde lange als Regierungschef gehandelt, gilt als vergleichsweise gemäßigt in seinen Positionen und offen für Verhandlungen. Nun muss er sich mit der Rolle des Stellvertreters begnügen. Geboren 1968 in der Provinz Uruzgan, wuchs er in Kandahar auf, wo er Anfang der 90er Jahre zusammen mit dem berüchtigten einäugigen Mullah Omar die Taliban-Miliz gründet. Als Aufständischer trat er erstmals während der sowjetischen Invasion Ende der 70er Jahre in Erscheinung. Er soll an der Seite von Mullah Omar gekämpft und diesen nach dem Sieg der Amerikaner 2001 mit dem Motorrad in Sicherheit gebracht haben. Es war Omar, der Abdul Ghani den Zusatznamen verpasst habe: »Baradar«, Bruder.
»Nur schlecht gemanagt« - Aufstieg und Radikalisierung dschihadistischer Gruppen hängen eng zusammen mit den militärischen Interventionen
Unter der ersten Taliban-Herrschaft war Baradar stellvertretender Verteidigungsminister, später bekämpfte er die Interventionstruppen. 2010 wurde er in Pakistan verhaftet, kam 2018 auf Druck der USA frei und fungierte fortan in Katar als Chef des politischen Büros der Taliban. Dort unterzeichnet er am 29. Februar 2020 das mit den USA ausgehandelte Abkommen zum Abzug der US-Armee. Am 17. August 2021 kehrt er erstmals nach Afghanistan zurück. Der Rest ist Geschichte.
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