Porsche-Leuchtturm in Patagonien

Synthetische Kraftstoffe sollen Verbrennungsmotor retten

Die Landschaft um Punta Arenas, eine der südlichsten Städte der Welt, ist wild und atemberaubend. Hier weiden große Schafherden, ansonsten lebt die abgelegene Gegend in Patagonien, die nicht mal ans chilenische Stromnetz angeschlossen ist, vom Tourismus. Genau hier entsteht eine Fabrik für synthetische Kraftstoffe, an der neben einheimischen Firmen internationale Energiekonzerne wie Enel und ExxonMobil, der Anlagenbauer Siemens sowie der Autohersteller Porsche beteiligt sind. In der Pilotanlage soll Mitte 2022 die Produktion der sogenannten eFuels beginnen, wie vor wenigen Tagen anlässlich des ersten Spatenstichs bekannt gegeben wurde.

Der Standort an der Magellanstraße zwischen Atlantik und Pazifik wurde aus gutem Grund gewählt: Er ist mit Tankern gut erreichbar – und er bietet perfekte Bedingungen für Windkraftanlagen, die den Strom für die Anlage erzeugen. In dieser wird zunächst Wasser per Elektrolyse in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Anschließend wird CO2 aus der Luft gefiltert und mit dem »grünen« Wasserstoff zu Methanol umgewandelt, das als Grundstoff zur Benzinherstellung dient.

Es handelt sich um das erste Vorhaben, das vom CDU-geführten Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der deutschen Wasserstoffstrategie gefördert wird. Nicht nur das: Laut Siemens-Energy-Manager Armin Schnettler ist es »die weltweit erste integrierte und kommerzielle Großanlage zur Herstellung synthetischer, klimaneutraler Kraftstoffe«.

Leuchtturmprojekte wie diese hatte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Sinn, als er im ersten Triell sagte, man müsse bei neuen Autoantrieben »technologieoffen« bleiben. Auch die einflussreichen Betriebsratschefs deutscher Hersteller werben dafür. Solche Botschaften kommen an: Laut einer aktuellen Umfrage sieht dies gut ein Drittel der Deutschen ähnlich, obwohl sicher nur die wenigsten die Technologie beurteilen können.

Im Triell führte Laschet Wasserstoff als Argument gegen ein von den Kontrahenten gefordertes Verbot des Verbrennungsmotors in Neuwagen an. Genau hier findet sich auch der Grund, warum die VW-Tochter Porsche das Projekt in Chile als Initiator vorantreibt: Das dort produzierte Benzin könnte in den Bestandsfahrzeugen wie dem Sportwagenmodell 911 getankt werden. Man könnte also weiterproduzieren wie bisher. So ließen sich 90 Prozent der fossilen CO2-Emissionen im Verbrenner reduzieren, verspricht der Autobauer.

Selbst wenn man diese dubiose Schätzung akzeptiert – es bleibt aber doch bei Emissionen. Und auch sonst spricht von fachlicher Seite alles gegen den eFuels-Einsatz in Autos, gerade im Vergleich zum Elektroantrieb: Das Benzin aus Patagonien müsste erst vom anderen Ende der Welt nach Europa geschippert werden. Synthetische Kraftstoffe sind gerade mal in der Testphase – die maximale Kapazität der Anlage soll 2024 mit 550 Millionen Liter erreicht werden – in der Total-Raffinerie in Leuna wird eine solche Menge in 20 Tagen hergestellt. Und selbst nach gelungener Markteinführung der extrem teuren eFuels bräuchte es eine Dauersubventionierung – die Autolobby ruft bereits nach massiver Steuerförderung für diesen Kraftstoff.

Doch das größte Problem ist etwas anderes: In Elektroautos wird der gewonnene Windstrom direkt genutzt, bei eFuels sind noch zwei aufwendige Umwandlungsschritte nötig. Um dieselbe Strecke zurückzulegen, bräuchte ein Pkw mit eFuels etwa die fünffache Menge an Primärenergie wie ein E-Auto, hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung errechnet. Selbst bei einem Wasserstoffauto mit Brennstoffzelle und Batterie, bei dem ein Umwandlungsschritt wegfiele, wäre es mehr als doppelt so viel. Angesichts des in Zukunft stark zunehmenden Strombedarfs etwa beim Heizen ist eine extrem geringe Energieeffizienz – bei synthetischen Kraftstoffen liegt sie bei 30 Prozent – nicht zu bewältigen. Berücksichtigen muss man ferner, dass Wasserstoff bisher fast ausschließlich aus Erdgas gewonnen wird – mit katastrophaler Klimabilanz.

Ob Umweltschützer oder Wissenschaftler – fast alle winken ab, was den Wasserstoffeinsatz in Pkw angeht. Befürworter mit fachlichem Hintergrund sehen Perspektiven in der Stahl- und Chemieindustrie, im Verkehrsbereich bei Flugzeugen und Lkw-Güterverkehr, wo wegen des hohen Gewichts der Batterieeinsatz schwierig sein könnte. Allerdings setzen weltweit nur noch fünf der 25 Nutzfahrzeughersteller auf Wasserstoffkonzepte, da die Batterietechnik voranschreitet.

Auch bei den Autokonzernen ist es eine Minderheit. So hat sich die VW-Kernmarke Volkswagen aus dem SPD-CDU-regierten Niedersachsen klar für die Batterie entschieden. Dagegen hofft Tochter Porsche aus dem Güne-CDU-regierten Ländle, den Verbrenner mit Leuchttürmen wie in Patagonien retten zu können.

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