• Politik
  • Protest gegen Rüstungsindustrie

Tribunal in Oberndorf

Bündnis will mit Aktionstag am 8. Oktober Zeichen gegen Waffenexporte und Kriegspolitik setzen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 4 Min.

»Am 8. Oktober wollen wir in Oberndorf die Rüstungsindustrie blockieren. Wir laden alle, die ein klares Zeichen gegen Waffenexporte und menschenverachtende Kriegspolitik setzen wollen, zum Mitmachen ein!« Mit diesem Aufruf mobilisiert das antimilitaristische Bündnis »Rheinmetall Entwaffnen« zu einen Internationalen Tribunal in das Städtchen Oberndorf am Neckar am Rande des Schwarzwalds.

Die Idylle täuscht. Der Ort ist auch international als Sitz verschiedener Waffenproduzenten bekannt. Im Waffenmuseum von Oberndorf wird ausführlich beschrieben, wie die Gebrüder Wilhelm und Paul Mauser bereits 1872 im Ort eine Waffenfabrik errichteten. Die tödlichen Produkte kamen in aller Welt zum Einsatz. »Der Bereich Wehrtechnik einschließlich der Jagdwaffen wurde von dem zivilen Bereich, der Messtechnik und dem Maschinenbau, getrennt, als Mauser-Werke Oberndorf Waffensysteme GmbH ausgegründet und in zwei Schritten 1995 und 1996 an Rheinmetall verkauft«, heißt es im Waffenmuseum. »Das Wort Mauser wird aber in der Werksbezeichnung weiterleben«, betont der Chronist der lokalen Waffengeschichte.

Doch längst ist Oberndorf auch mit einem anderen weltweit berüchtigten Konzern verbunden. »Der Tod ist ein Meister aus Oberndorf - die Waffenfirma Heckler und Koch (H&K)« schreibt Jürgen Grässlin auf seiner Homepage. Der Publizist und Friedensaktivist engagiert sich seit Jahrzehnten gegen H&K und gründete bereits 1989 am Sitz des Konzerns das Rüstungsinformationsbüro Oberndorf (RIO). Im Jahr 2010 stellte Grässlin Strafanzeige gegen H&K wegen illegaler Waffenlieferungen in mexikanische Unruheprovinzen, die nach den Exportrichtlinien für die tödlichen Produkte gesperrt wurden.

Mittlerweile wurde H&K gerichtlich verurteilt, die Millionen an die Staatskasse zurückzahlen, die der Konzern mit den illegalen Exporten verdiente. H&K ist in Berufung gegangen. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, hätte das Verhalten des Konzerns erstmals grundlegende Konsequenzen, in dem ihm beträchtlicher Profit entgeht.

Auch im Fall der vor acht Jahren in Mexiko entführten 43 Studenten kamen Waffen von H&K zum Einsatz, wie die Obduktion von einigen der Opfer bewies. Der Widerstand gegen H&K in Mexiko soll auf dem Tribunal am 8. Oktober zur Sprache kommen. Daran sollen sich Mitglieder der zapatistischen Delegation beteiligen, die bei ihrer Rundreise durch Europa mit außerparlamentarischen Bewegungen in den Dialog treten wollen. »Wir sehen unser Tribunal als Zeichen internationaler Solidarität und als eine Verantwortungsübernahme gegenüber all denjenigen, die durch deutsche Waffen bedroht sind oder sogar sterben«, betonte ein Sprecher von Rheinmetall Entwaffnen.

Die Aktion in Oberndorf steht in einer längeren Tradition des antimilitaristischen Bündnisses, das sich gezielt gegen die Konzerne richtet, die an der Waffenproduktion und deren Export in alle Welt profitieren. So organisierte das Bündnis Rheinmetall entwaffnen in den Jahren 2018 und 2019 im niedersächsischen Örtchen Unterlüss mehrtätige Protestcamps gegen den Rheinmetall-Konzern, der dort seinen Sitz hat. Dabei war neben der aktuellen Waffenproduktion auch die weitgehend unaufgearbeitete Geschichte der Zwangsarbeit im Nationalsozialmus ein wichtiges Thema der Campbesucher*innen. Wegen der Corona-Pandemie musste ein im Jahr 2020 geplantes drittes Camp in Unterlüss ausfallen.

Dafür organisierte das Bündnis am 28. August 2020 in Kassel einen Aktionstag gegen die dortige Rüstungsindustrie. Dort stand neben Rheinmetall auch der Konzern Krauss-Maffei-Wegmann im Fokus der Kritik. 2021 zieht es die Antimilitarist*innen nun in die Provinz am Neckar. Sie haben angekündigt, am 8. Oktober das Werk auch effektiv blockieren zu wollen. Unter dem Motto »Die Idylle trügt« wird bundesweit mobilisiert. Damit will man »ein Zeichen gegen Waffenexporte und Kriegspolitik setzen«, betont ein Bündnissprecher. Dabei will man auch mit Antifaschist*innen vor Ort kooperieren. Dazu gehört die Initiative 27. Januar, die sich seit Jahren dem Gedenken an die Zwangsarbeiter*innen widmet, die im Nationalsozialismus in den Mauser-Werken in Oberndorf schuften mussten.

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