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Hausbesuch bei Heckler & Koch
Antimilitaristen hielten ein Tribunal ab und demonstrierten gegen den Rüstungskonzern
Rund 150 Menschen saßen am Freitagvormittag auf Stühlen vor dem Haupteingang des Rüstungskonzerns Heckler & Koch (H&K), der auf einer Anhöhe über Oberndorf am Neckar residiert. Während man, als sich der Nebel gelichtet hatte, einen Blick über die idyllische Landschaft des Schwarzwald werfen konnte, lauschten die Zuhörer*innen des von Antimilitarismusgruppen ausgerichteten Tribunals der Kriminalgeschichte der Rüstungskonzerne in Oberndorf. Diese prägen den Ort seit etwa 200 Jahren. So berichtete der langjährige Friedensaktivist Lothar Eberhard, dass in den Werken des Rüstungsfabrikanten Mauser während der NS-Zeit rund 6000 Zwangsarbeiter*innen schuften mussten. Im früheren Lager des Reichsarbeitsdienst hatten etwa 2000 polnische Zwangsarbeiter*innen hinter Stacheldraht leben müssen. Etwa 380 Menschen waren in Oberndorf umgekommen, berichtet Eberhardt. 1949 haben dann drei Ingenieure von Mauser H&K gegründet, berichtete Cora Mohr. Zunächst lieferte der Konzern Waffen an die Bundeswehr, bald wurden sie zu Exportprodukten für die ganze Welt.
Dass die Konzernverwaltung es dabei mit der Legalität nicht immer so genau nahm, berichtete der langjährige H&K-Kritiker Jürgen Grässlin, der zum Tribunal zugeschaltet war. Den Nachforschungen des Aktivisten ist es zu verdanken, dass der Konzern mittlerweile wegen eines Verstoßes gegen das Waffenexportgesetz verurteilt wurde und einen Teil der Einnahmen des Geschäfts zurückzahlen muss. Als eine Schande für die deutsche Justiz bezeichnete Grässlin den Umgang mit den Opfern von H&K-Waffen und ihren Angehörigen. Diese seien sogar aus dem Saal gedrängt worden, als sie auf die Folgen des Einsatzes von Waffen in ihrem Land hinweisen wollten.
Auf dem Tribunal hingegen wurden zwei Mitglieder der zapatistischen Delegation, die gerade verschiedene Länder besucht, mit großem Applaus und internationalistischen Parolen empfangen. Sie berichteten, wie mit Waffen von H&K gegen soziale Bewegungen vorgegangen wird. In ihrem Beitrag äußerten die Zeug*innen ihr Unverständnis darüber, dass deutsche Waffen in mexikanische Gebiete gelangen konnten, die dafür nicht vorgesehen waren. Die Psychologin Felicitas Treue berichtete über die psychischen Folgen der Drohungen, die von Polizei, Militär, aber auch von privaten Sicherheitsdiensten in Mexiko ausgeht. Sie erinnerte daran, dass besonders Frauen von der allgemeinen Kultur der Gewalt in Mexiko betroffen sind, was auch die hohe Zahl der Femizide deutlich mache.
Im Anschluss an das Tribunal formierten sich die mittlerweile knapp 200 Antimilitarist*innen zu einem Demonstrationszug vom H&K-Werk in die Unterstadt von Oberndorf. Dabei kam es mehrmals zu kurzzeitigen Rangeleien mit der Polizei, die mit einem Großaufgebot inklusive Hubschrauber, Räumpanzer und Pferden in Oberndorf aufmarschiert war. Selbst ein großer Teil der Einwohner*innen äußerte sich überrascht über die massive Polizeipräsenz. Im Vorfeld sorgten Meldungen über einen angeblichen Aufmarsch gewaltbereiter Linksradikaler in Oberndorf für Verunsicherung in der Bevölkerung. Damit konnte auch die polizeiliche Repression gerechtfertigt werden.
So berichtete ein für die Pressearbeit während des Aktionstags zuständiger Antimilitarist, dass die Polizei das Auto, in dem das Presseteam arbeitete, durchsucht habe. Sämtliche elektronischen Geräte seien beschlagnahmt worden. Diese Mitteilung wurde mit lauten Buh-Rufen in Richtung der Polizei beantwortet.
Die Vorbereitungsgruppe zeigte sich in einer Pressemitteilung mit dem Aktionstag zufrieden und erinnerte dabei an weitere Aktivitäten neben dem Tribunal. »Die angekündigten Blockade-Aktionen führten dazu, dass sowohl im Werk von H&K als auch im Nachbarwerk von Rheinmetall keine Produktion stattfand. Da die Firmen bereits im Vorfeld ihren Mitarbeiter*innen den Tag frei gegeben hatten, wurden am 8. Oktober keinerlei Waffen in Oberndorf produziert oder geplant«, sagte die Bündnispressesprecherin. Sie sieht in dem Aktionstag in Oberndorf einen Erfolg der noch recht jungen antimilitaristischen Bewegung, die sich unter anderem im Rheinmetall-Entwaffnen-Bündnis bundesweit zusammengefunden hat.
Unter dem Motto »Krieg beginnt hier« konzentriert es sich darauf, deutsche Konzerne, die an der Rüstung verdienen, zu markieren. Nach zwei Aktionscamps im niedersächsischen Unterlüss, dem Sitz von Rheinmetall, folgte ein Aktionstag in Kassel und in diesem Jahr die Aktion gegen H&K in Oberndorf. Im nächsten Jahr will sich das antimilitaristische Bündnis erneut auf Kassel, den Sitz verschiedener Rüstungskonzerne, fokussieren. Die zeitgleich laufende internationale Kunstausstellung Documenta mit weltweiter Beteiligung könnte die Aufmerksamkeit vergrößern.
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