- Politik
- Linkes Mitregieren
Sauerteig mit Zuckerguss
Wolfgang Hübner über linke Koalitionsaussichten in Berlin und Schwerin
Nach ihren meist katastrophalen Wahlergebnissen schöpft die Linkspartei etwas Hoffnung: Die Angebote der SPD in Berlin und Schwerin, gezielt über eine rot-grün-rote bzw. rot-rote Landesregierung zu verhandeln, werden mit Stoßseufzern quittiert. Denn die Aussicht aufs Mitregieren breitet etwas machtpolitischen Zuckerguss über den zähen Sauerteig drohender linker Randständigkeit. Frohgemut fordert denn auch Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, seine Genossen auf, die »Spielräume der Regierungsbeteiligungen« zu nutzen, »um die Partei als Motor für eine progressive Politik bundesweit erkennbar zu machen«. Das ist leicht gesagt, aber schwer getan.
Aus Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gibt es genügend Erfahrungen, wie sich die PDS bzw. die Linke als Teil der Regierung massiv unbeliebt gemacht hat. Wie es nicht geht, sollte also bekannt sein. Wie es dagegen geht, zumal mit schmaleren Ressourcen, dafür gibt es keine Lehrbuchlösungen. In Schwerin hätte es die dezimierte Linke mit einer übermächtigen SPD zu tun, in Berlin wäre sie kleinste Partei am Senatstisch. Natürlich sollte die Linke nicht kampflos die Sondierungsarena für CDU und FDP räumen, aber die Frage, in welcher Verfassung sie fünf Jahre Mitregieren übersteht, ist eine durchaus existenzielle.
Den Regierungs- und Veränderungsanspruch in Einklang zu bringen mit sozialen Verbesserungen – und zwar so spürbar, dass sich nicht ein Teil der Wählerschaft mit Grausen abwendet, sondern ein politischer Zuwachs daraus entsteht–, das ist ein Kunststück, das außerhalb von Thüringen erst noch gelingen muss.
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