- Politik
- Kritik am Vorgehen der Türkei
Provokation ohne Folgen
Die Erklärungen des Westens für die Eskalation in den Türkei-Beziehungen greifen zu kurz
Die Motive für den Rauswurf eines knappen Dutzends westlicher Botschafter aus der Türkei waren schnell gefunden. Mit dem Vorgehen gegen die Diplomaten, die sich für die Freilassung eines oppositionellen Kulturmäzens einsetzten, wolle Präsident Erdoğan von der tiefen Wirtschaftskrise des Landes ablenken. So die Erklärungen des Westens für die Provokation.
Sicher, die wirtschaftliche Lage der Türkei ist desolat wie lange nicht mehr. Der Lira-Kurs ist im Sturzflug, die Korruption blüht. Das auch militärische Vorgehen gegen die Kurden im In- und Ausland sowie die staatliche Unterdrückung der Opposition spalten die Türkei. Ein Befreiungsschlag des Despoten, der zweifelsohne von den innenpolitischen Problemen ablenken will, war daher zu erwarten – wenn auch nicht mit dieser Wucht.
Allein auf die hausgemachte Krise der Türkei als Hintergrund der jüngsten Eskalation zu weisen, ist jedoch ebenso Ablenkung – vom Versagen des Westens. Seit Jahren sind EU, USA und Nato in der Zwickmühle: Gegen Menschenrechtsverletzungen, Demokratieabbau und Kriegsabenteuer der Türkei vorgehen oder Erdoğans Ankara, das man als Bollwerk gegen Geflüchtete und Brückenkopf im Osten braucht, gewähren lassen? Die Antwort ist gefallen und lässt dem Westen nun kaum Handlungsoptionen.
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