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  • Konstituierung des Bundestags

Bundestagspräsidium wird weiblicher

Parlament wählt bei konstituierender Sitzung Bärbel Bas zur Präsidentin. AfD-Kandidat Kaufmann fällt durch

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat in ihrer ersten Rede im Parlament deutliche Worte gegenüber der AfD gefunden. »Ich wünsche mir für diese Legislaturperiode gegenseitigen Respekt«, sagte die Sozialdemokratin am Dienstag. Hass und Hetze seien keine Meinung. »Als Präsidentin werde ich dieses Parlament vor Angriffen schützen. Und die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen«, kündigte Bas an.

Kurz zuvor war die SPD-Politikerin mit 576 von 724 gültigen Stimmen gewählt worden. Das entspricht 79,6 Prozent. Gegen Bas stimmten 90 Abgeordnete, 58 enthielten sich. Die stärkste Fraktion im Bundestag stellt traditionell den Bundestagspräsidenten oder die Bundestagspräsidentin. Die bisherige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, die dem eher linken Flügel der Partei angehört, löst den CDU-Politiker Wolfgang Schäuble ab. Sie ist nach Annemarie Renger (SPD) und Rita Süssmuth (CDU) die dritte Frau an der Spitze des Bundestags. »Es tut unserem Land gut, wenn die Bürgerinnen und Bürger sehen: Im Herzen der Demokratie trägt eine Frau die Verantwortung«, erklärte sie.

Ebenso wie Schäuble forderte Bas die Fraktionen dazu auf, eine Wahlrechtsreform auf den Weg zu bringen. Hintergrund ist die steigende Zahl von Bundestagsabgeordneten. Der neue Bundestag ist im Durchschnitt zwei Jahre jünger als der alte. Der Frauenanteil ist von 30,7 auf 34,8 Prozent gestiegen.

In der konstituierenden Sitzung kam es zu den unvermeidlichen Auseinandersetzungen mit der AfD. Vertreter der rechten Partei empörten sich darüber, dass Wolfgang Schäuble als dienstältester Abgeordneter und nicht der frühere AfD-Chef Alexander Gauland als ältester Volksvertreter die Sitzung zunächst leitete. »In fast zwei Jahrhunderten hat es nur ein Parlament gewagt, mit der Tradition des Alterspräsidenten nach Lebensjahren zu brechen«, meinte Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann. »Das war 1933 nach der Machtergreifung«, als der NSDAP-Politiker Hermann Göring Alterspräsident gewesen sei.
Dagegen meinte der Unionsparlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer, dass sich Gauland mit seiner Äußerung über die NS-Diktatur, die seiner Ansicht nach nur ein »Vogelschiss« der deutschen Geschichte gewesen sei, für die Rolle des Alterspräsidenten disqualifiziert habe.

Regierung Merkel geschäftsführend im Amt

Bei der Wahl der Bundestagsvizepräsidenten erlitt die AfD erneut eine Niederlage. Ihr Kandidat Michael Kaufmann fiel im ersten Wahlgang durch. Er erhielt lediglich 118 Ja-Stimmen. Für eine Mehrheit waren 369 Stimmen erforderlich. Auch in der vergangenen Legislaturperiode waren alle Kandidaten der AfD gescheitert. Insgesamt sechs Politiker der Partei hatten sich für einen Posten im Präsidium des Bundestags beworben.
Als Stellvertreter von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas wurden Claudia Roth (Grüne), Wolfgang Kubicki (FDP) und Petra Pau (Linke) wiedergewählt. Neu in dem Gremium sind Aydan Özoguz (SPD) und Yvonne Magwas (CDU) vertreten.

Mit der Konstituierung des neuen Bundestags endet offiziell die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihres Kabinetts. Dies ist in Artikel 69 des Grundgesetzes so geregelt. Am Dienstagnachmittag war geplant, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Ministern von Union und SPD noch ihre Entlassungsurkunden überreicht. Die schwarz-rote Bundesregierung wird die Amtsgeschäfte allerdings weiterführen, bis das neue Kabinett ernannt und vereidigt ist.

SPD, Grüne und FDP wollen ihre Koalitionsgespräche zügig abschließen. Am Mittwoch sollen ihre Arbeitsgruppen die Arbeit aufnehmen. Diese wird von Protesten begleitet. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat Aktionen vor dem Berliner Willy-Brandt-Haus geplant und will dort die Wiederbelebung der Vermögensteuer fordern. Später ist am selben Ort eine Protestaktion von 13 Nichtregierungsorganisationen für globale Gerechtigkeit im Koalitionsvertrag angekündigt. SPD und Grüne sind der FDP weit entgegengekommen und haben in den Sondierungsgesprächen einige Forderungen, unter anderem in der Steuerpolitik, aufgegeben. Wenn die drei Parteien ihren Zeitplan einhalten, könnte der Sozialdemokrat Olaf Scholz in der Woche ab dem 6. Dezember zum neuen Bundeskanzler gewählt werden.

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