Viel, aber zu wenig

Moritz Wichmann über das gekürzte Infrastrukturpaket für die USA

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

1750 Milliarden Dollar wollen die US-Demokraten, verteilt auf zehn Jahre, laut der von Präsident Joe Biden verkündeten Einigung nun für ihr Gesetzespaket zur »sozialen Infrastruktur« ausgeben. Diese bedeutet einen milden Sozialstaatsausbau - vielleicht. Denn die beiden mittlerweile bei der Basis verhassten konservativen Problemsenatoren Joe Manchin und Kyrsten Sinema haben auch zu diesem erneut nach unten verhandelten Kompromiss nicht klar zugestimmt.

Deswegen war es richtig, dass die Parteilinke wie Ende September im Repräsentantenhaus trotz hohen Drucks von Biden, der vor dem Klimagipfel in Glasgow und vor den Wahlen in Virginia am Dienstag dringend eine Erfolgsmeldung braucht, nicht für ein überparteiliches Paket zu baulicher Infrastruktur gestimmt hat. So oder so, der Schaden ist angerichtet, das einst mit 3500 Milliarden angesetzte Sozialpaket ist nur noch ein Schatten seiner selbst.

Seit über 15 Jahren versprechen die Demokraten ihren Wählern etwa niedrigere Medikamentenpreise. Nun ist eine Maßnahme dazu wegen des intensiven Lobbydrucks und wegen Manchin und Sinema nicht mehr im Paket enthalten - nur ein Beispiel von vielen populären Maßnahmen, die in der Kürzungsorgie der letzten Wochen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden.

Sollte das 1750-Milliarden-Paket tatsächlich so kommen, wäre es trotzdem das größte Sozialpaket seit der »Great Society«, seit den Sozialreformen von Demokraten-Präsident Lyndon B. Johnson in den 60er Jahren. So niedrig ist die Schwelle, denn seitdem gab es nur Sozialabbau oder bescheidenste technische Maßnahmen. Der Schatten von Ronald Reagan ist lang, nun könnte er zumindest etwas abgeschüttelt werden, eher zaghaft aber. Ob das jedoch reicht, um die Parteibasis genug für die Wahlen am Dienstag und die Zwischenwahlen nächstes Jahr zu begeistern, bei der Wahlbeteiligung entscheidend ist, steht auf einem anderen Blatt.

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