In die Ausbildungsoffensive gehen

Kampagne »Schule muss anders« will mehr für Lehrpersonal an Berliner Schulen demonstrieren

  • Moritz Aschemeyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linkspartei für die nächste Legislaturperiode sind in vollem Gange. Bis Ende November will man sich auf ein gemeinsames Regierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre geeinigt haben.

Um bis dahin das Thema Bildung stärker auf der Agenda des künftigen Senats zu verankern, hat die Kampagne »Schule muss anders« für diesen Samstag eine Demonstration zum Roten Rathaus angekündigt. Dabei sollen die Forderungen der Kampagne an die Spitzenpolitiker*innen übergeben werden.

»Angesichts des drastischen Mangels an Lehrkräften und Erzieher*innen und der Unterausstattung in Hochschulen und Jugendämtern muss die Ausbildung von Lehrkräften, Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen ganz oben auf der Agenda stehen. Wir wünschen uns mehr Anstrengungen des Senats, um dem drastischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken«, erklärt dazu Tom Erdmann, Vorsitzender des Berliner Landesverbandes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Weniger ist mehr. Berliner Lehrkräfte wollen ihre Arbeit für eine Verkleinerung der Schulklassen niederlegen

Neben der GEW wird der Zusammenschluss von Inklusionsverbänden und Bürger*inneninitiativen getragen. Für seine Forderungen hat er bereits über 6000 Unterschriften an mehr als 180 Schulen gesammelt. In über 100 Schulen habe zudem eine Mehrheit des Kollegiums die Petition gezeichnet.

In einem Mitte Oktober veröffentlichten Sondierungspapier haben SPD, Grüne und Linke angekündigt, die Investitionen in die Bildung erhöhen zu wollen und sämtliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um einen »nachhaltigen Personalaufwuchs« im Bildungswesen zu ermöglichen. Auch die Option der Verbeamtung von Lehrkräften wird genannt.

Die Rückkehr der Beamten. SPD und Grüne wollen Verbeamtung der Lehrkräfte gegen Die Linke durchsetzen

In den Augen von »Schule muss anders« sind diese Aussagen zu unkonkret. »Mit der unverbindlichen Formulierung im Sondierungspapier ist auch eine weitere Mängelverwaltung möglich«, so Susanne Kühne von der Kampagne. Zudem bestünden die Probleme im Bildungssystem unabhängig davon, ob man Lehrkräfte verbeamte oder nicht, erklärte Kühne gegenüber »nd«.

Bereits im Koalitionsvertrag von 2016 hatten sich SPD, Grüne und Linke auf das Ziel von jährlich 2000 Lehramtsabsolvent*innen ab dem Jahr 2022 verständigt. 2018 sowie 2019 lagen die Zahlen mit jeweils rund 900 Uniabgänger*innen deutlich darunter. Im laufenden Schuljahr fehlen laut Berechnungen des »rbb« etwa 380 Lehrer*innen an Berliner Schulen. Wichtiger als die Debatte um Verbeamtung sei daher die konkrete Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen für Lehrpersonal, meint Susanne Kühne. »Darüber hinaus braucht es gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mehr psychologische Betreuung an den Schulen sowie umfassendere Betreuungsangebote durch verschiedene Berufsgruppen im Hinblick auf die Themen Inklusion, individuelle Förderung und Berufsvorbereitung der Schülerinnen und Schüler«. Zudem fordert »Schule muss anders« die Einrichtung einer unabhängigen Beratungs- und Beschwerdestelle für Antidiskriminierung und schulische Teilhabe.

Nach uns die Sintflut. Die Rückkehr zur Verbeamtung der Lehrkräfte in Berlin dürfte vor allem neue Probleme schaffen

Auch die GEW sieht eine zentrale Stellschraube in den vorherrschenden Arbeitsbedingungen. »Der Personalmangel in den Bildungseinrichtungen behindert pädagogische Arbeit. Diese ist heute wichtiger denn je«, so Tom Erdmann. »Zuletzt hat die Coronakrise gezeigt: Wir brauchen kleinere Lerngruppen, eine verlässliche Vertretungsreserve von zehn Prozent an den Schulen, einen besseren Personalschlüssel im Ganztag und in den Kitas, weniger Fälle pro Sozialarbeiter*in im Jugendamt. Wir brauchen mehr Zeit für Beziehungs- und Team-Arbeit.«

Martina Regulin, Co-Vorsitzende der Berliner GEW, ergänzt: »An den Hochschulen und Fachschulen müssen wir die Kapazitäten zur Ausbildung von Lehrkräften und Erzieher*innen weiter ausbauen und die Qualität des Studiums erhöhen, um die Abbruchquote zu reduzieren. Nur so werden wir den Fachkräftemangel beenden können.«

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