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Noch einsamer

Auch für Inhaftierte ist die Coronakrise eine besondere Belastung. Aktionstage machen auf ihre Lage aufmerksam

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Viel wurde in Pandemiezeiten über Isolation und Einsamkeit gesprochen. Bestimmte Bevölkerungsgruppen sind davon besonders stark betroffen. Dazu gehören auch die Insass*innen der Gefängnisse. Darauf machen die diesjährigen Aktionstage Gefängnis unter dem Motto »Kontakt – Einsamkeit – Isolation« aufmerksam. Sie werden wie in den vergangenen Jahren von einem Bündnis zivilgesellschaftlicher und linker Gruppen, von Vereinen und Einzelpersonen organisiert. Noch bis zum 10. November finden zahlreiche Veranstaltungen statt.

»Wir möchten ein breites gesamtgesellschaftliches Publikum erreichen (…) und Vorurteile gegenüber ehemals und aktuell Inhaftierten entgegenwirken«, erklärte Daniela Blanck vom Organisationsbündnis Aktionstage Gefängnis gegenüber der Tageszeitung »junge Welt«. Im November 2016 war das Bündnis anlässlich der damals in Berlin tagenden Konferenz der Justizminister der Länder erstmals an die Öffentlichkeit getreten und setzte sich für den Rentenanspruch und den Mindestlohn für Gefangene ein. Es orientiert sich dabei an Vorbildern aus europäischen Nachbarländern.

So organisieren in Frankreich Sozialverbände bereits seit 40 Jahren jährlich eine Aktionswoche, bei der dezentral in verschiedenen Städten die Bevölkerung für Probleme in den Gefängnissen sensibilisiert werden soll. Die Palette der Aktionen reicht von Filmveranstaltungen und Ausstellungen bis zum Nachbau einer Gefängniszelle auf einem Platz in der Innenstadt.

Auch in Deutschland werden in diesem Jahr im Rahmen der Aktionstage Gefängnis sehr unterschiedliche Themenfelder abgedeckt. So gab es am vergangenen Dienstag in den Hamburger Bücherhallen eine Podiumsdiskussion unter dem Oberthema »Bücher hinter Gittern«. Pandemiebedingt ist der Anteil der digitalen Veranstaltungen gewachsen. Am vergangenen Mittwoch wurde Online über die Frage diskutiert, was Gefängnis und Isolation mit Menschen macht, die ein Trauma erlebt haben. Organisiert wurde diese Veranstaltung vom Compassion Prison Project (CPP), das sich mit dem Zusammenhang von Kindheitstraumata und der Inhaftierung beschäftigt, die in Coronazeiten von vielen Betroffenen als noch Drückender als sonst erlebt wird.

Grundgedanke aller am Aktionstag Gefängnis beteiligten Initiativen ist, die Rechte der Gefangenen zu stärken. Sie stemmen sich damit gegen einen gesellschaftlichen Diskurs, der mit dem Stichwort Law and Order auf härtere Strafen drängt. Dabei wird oft vergessen, dass auch Gefängnisinsass*innen Menschenrechte besitzen. Den Initiativen geht es darum, Vorurteile gegen straffällig gewordene Menschen zu entkräften, um die Rückkehr von Gefangenen in die Gesellschaft zu erleichtern. Beteiligt sind unter anderem die Bundesarbeitsgemeinschaft der Straffälligenhilfe, die Europäische Konferenz für Gefängnisseelsorge oder auch die Katholische Arbeitsgemeinschaft Gefängnisseelsorge. Zu den explizit linkspolitischen Gruppen im Bündnis gehören das Autor*innenkollektiv »Wege aus dem Knast«, der Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte und die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO).

Die Organisation hat seit ihrer Gründung 2014 das Thema Mindestlohn für Arbeit im Knast und Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung auf die Tagesordnung gesetzt. Unter Pandemiebedingungen wurde die GG/BO verstärkt von Gefängnisinsass*innen, ihren Freund*innen und Angehörigen kontaktiert, die über die Beschwernisse der Isolation oder über unzureichenden gesundheitlichen Schutz klagten. »Solidaritätsgruppen haben seit Beginn der Pandemie die Gefangenen dabei unterstützt, mehr Gesundheitsschutz zu erreichen und ihre sozialen Rechte zu verteidigen«, so Konstantin Behrends von der Soligruppe Jena der GG/BO. Sie unterstützt aktuell die Forderungen von Gefangenen in der JVA Untermaßfeld in Thüringen, die dort nach neuen Coronaausbrüchen mehr Gesundheitsschutz, aber auch mehr Rechte für Geimpfte einfordern.

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