Nullrunden nach Plus in 2022 und 2023
Was kommt auf die deutschen Rentner in Ost und West zu?
Die erfreuliche, aber nicht unerwartete Botschaft an die über 21 Millionen deutschen Rentner in Ost und West: Nach dem 2021 coronabedingten dürftigen Renten-Plus (0,72 Prozenten im Osten, Nullrunde im Westen) steigen die Altersbezüge gleich zwei Mal in Folge - und das deutlich. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung wird ab 1. Juli 2022 mit einem Anstieg der Renten im Osten um 5,9 Prozent und im Westen um 5,2 Prozent gerechnet. 2023 könnten die Bezüge im Osten um 5,7 Prozent und im Westen um 4,9 Prozent steigen. Das ist für die Rentner in den alten Bundesländern der höchste Anstieg seit 40 Jahren.
Dennoch dürfte kaum Jubel hier wie dort aufkommen. Betrachtet man nämlich die Begleitumstände, so ist angesichts des »Dürrejahres 2021« eher von einer »nachholenden Rentenentwicklung« zu sprechen. Schließlich wird mit dem verkündeten Anstieg zumindest der Abwärtstrend bei den Realeinkommen der Bezieher der gesetzliche Altersrente gestoppt.
Die Schätzungen, so betonte Anja Piel, Arbeitnehmervertreterin im Vorstand der Rentenversicherung, auf einer Pressekonferenz Anfang November in Berlin, seien vorbehaltlich. Definitive Klarheit gibt es frühesten im März 2022, wenn die Wirtschaftsdaten vorliegen. Dabei könne es, so der Vorstandsvorsitzende der Rentenversicherung, Alexander Gunkel, dass »Abweichungen von einem Prozentpunkt genauso möglich sind wie eine Punktlandung«.
Fakt ist, dass nach dem Wirtschaftseinbruch durch Corona die Konjunktur wieder angezogen hat. So sind 2021 die Durchschnittslöhne wieder gestiegen, weil wieder weniger Menschen in Kurzarbeit sind. Es gibt auch mehr beitragspflichtige Beschäftigte. Gemäß dem sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor steigt die Rentenerhöhung, wenn es pro 100 Rentner mehr Beschäftigte als im Vorjahr gibt. Dämpfend wirkt sich die steigende Zahl der Rentner aus.
Nach den rekordverdächtigen Rentensteigerungen in den kommenden zwei Jahren müssen sich die Rentnerinnen und Rentner in der Folgezeit allerdings auf Nullrunden einstellen. Folgt man den Prognosen der Schätzer, so wird bis 2035 eine durchschnittliche Renten-Steigerungsrate von 2,3 Prozent erwartet. Insgesamt gehen die Schätzer bis dahin von einem Rentenplus von insgesamt 37 Prozent aus.
Langfristig kommen, so Anja Piel, mehr Rentner auf 100 Beitragszahler, weil die Babyboomer-Jahrgänge in Rente gehen. Deshalb werde der Beitragssatz nach 2023 steigen müssen, so Piel. Bis dahin bleibt er bei 18,6 Prozent (je hälftig Arbeitgeber und Arbeitnehmer). Bis 2035 dürfte er aber auf 22,3 Prozent steigen. Das Rentenniveau, das das Verhältnis von Renten zu Löhnen angibt, beträgt derzeit 49,4 Prozent und soll den Schätzungen zufolge bis 2025 auf 49,2 Prozent und bis 2035 auf 45,7 Prozent absinken.
Was die Rentner von der künftigen Ampel-Koalition zu erwarten haben, fokussiert sich im Versprechen des Bundeskanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD): Das Rentenniveau von derzeit 49,4 Prozent werde 48 Prozent nicht unterschreiten. Der jetzige Beitragssatz von 18,6 Prozent bleibe vorerst ebenso stabil wie das gesetzlich geregelte Renteneintrittsalter, das schrittweise auf 67 Jahre steigen wird.
Nicht zuletzt soll es einen Einstieg in eine Aktien-gestützte Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung geben, die bis heute vor allem aus Beiträgen und Steuermitteln finanziert wird. Geplant ist im ersten Schritt für 2022 ein Kapitalstock von 10 Milliarden Euro. Vorgesehen ist auch eine Reform der Altersvorsorge durch einen öffentlich verwalteten Fonds zu effizienten Angeboten, wie es im Sondierungspapier heißt. (mit Agenturen)
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