Fluglotsen verklagen Bundesregierung

Die mit afghanischen Ortskräften geschlossenen Verträge bringen die Bundeswehr in Zugzwang

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.
Bundeswehr und Bundesregierung scheinen im Fall der in Afghanistan zurückgelassenen Fluglotsen offenbar zu einem Einlenken bereit zu sein. Wie ein Sprecher in der Regierungspressekonferenz auf nd-Nachfrage mitteilte, seien die insgesamt 13 mit Afghanen geschlossenen Verträge geprüft worden. Nachdem das Verteidigungsministerium zunächst die Auffassung vertreten hatte, es handele sich um reine Werkverträge, sei man nun zu dem Schluss gekommen, es handele sich doch um Arbeitsverträge, die eine Aufnahme der afghanischen Beschäftigten im Rahmen des Ortskräfteverfahrens zulassen würden.

Zusätzlichen Druck hatte am Mittwochvormittag die Berichterstattung des ARD-Magazins Kontraste aufgebaut, das über eine eingereichte Klage eines Fluglotsen und die Situation in Kabul berichtet hatte. So sei den Fluglotsen eine Evakuierung in Aussicht gestellt worden, die aber letztlich nicht stattfand. Es sei bereits ein Codewort für den Beginn der Evakuierung vereinbart gewesen, was Bundeswehrkreise gegenüber Kontraste bestätigt hätten. Seit Abzug der Bundeswehr leben zahlreiche der zurückgelassenen Ortskräfte in Verstecken und in Angst vor den Taliban, die gezielte Suchen durchführen. Dabei haben sie es auf Arbeitsverträge, aber auch Smartphone-Kommunikation abgesehen.

Im Gespräch mit »nd« begrüßte der Leipziger Rechtsanwalt Matthias Lehnert das Einlenken, betonte aber, dass eine mündliche Zusage alleine nicht ausreiche, um die Klage zu stoppen. Zu klären sei auch, ob die Arbeitsverträge überhaupt rechtswirksam beendet worden sind.

Die Skepsis ist angebracht. Im August hatte das Verteidigungsministerium in der Bundespressekonferenz bestätigt, dass Mitarbeiter*innen des ehemaligen Bundeswehr-Medienprojektes »Bawar-Media-Center« ebenfalls ein Anrecht auf die vereinfachte Aufnahme im Rahmen des Ortskräfteverfahrens hätten. Zwei dieser Mitarbeiter wurden jedoch vor wenigen Tagen von der deutschen Botschaft im pakistanischen Islamabad abgewiesen. Auch »nd« gegenüber teilte das Auswärtige Amt zunächst mit, die Betroffenen stünden, auch rund drei Monate nach der öffentlich erteilten Zusage, nicht auf der Liste der aufnahmeberechtigten Personen.

Nachdem »nd« in diesem Fall die beteiligten Ministerien mit den Arbeitsverträgen konfrontiert hatte, erfolgte eine erneute Überprüfung. Laut Darstellung des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr habe »lange Zeit kein Kontakt« bestanden. Ähnliches schildern die Betroffenen. Das Callcenter der Bundeswehr sei nicht zu erreichen und auf E-Mails gäbe es nur automatische Rückantworten, aber keine Kommunikation. Die Initiative Mission-Lifeline, die »nd« auf diesen Missstand hinwies, steht unterdessen täglich in Kontakt mit den ehemaligen Ortskräften.

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»Die Taliban interessieren sich nicht für die Art des Vertrages«, kritisiert Anwalt Lehnert. »Die Menschen sind gefährdet, weil sie mit den Deutschen und für die Alliierten gearbeitet haben, egal in welcher Funktion und mit welchem Vertrag«. Laut Bundeswehr müsse jeder Vertrag eine Einzelfallprüfung durchlaufen.

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