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Kaum Hoffnung für Schutzbedürftige

Zahl der durch Taliban gefährdeten Helfer deutscher Institutionen in Afghanistan ist unklar

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir haben im Mai den Antrag gestellt, endlich die Ortskräfte zurückzuholen. Das hat die Mehrheit des Bundestages abgelehnt. Im Mai wäre noch Zeit dazu gewesen«, kritisierte Gregor Gysi, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, im Gespräch bei Maischberger. »Jetzt in der letzten Sekunde ist es natürlich zu spät.« CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen rechtfertigte das Handeln der Regierungsfraktionen im Bundestag, die Anträge von Linken und Grünen zurückgewiesen hatten, mit denen eine schnellere Aufnahme gefährdeter Afghan*innen erreicht werden sollte.

Über den Umfang zu rettender Afghan*innen herrscht in den verantwortlichen Bundesministerien derzeit keine Klarheit. Ein Problem sei insbesondere die Feststellung ehemaliger Arbeitsverhältnisse. Projektmitarbeiter*innen deutscher Ministerien waren nicht immer direkt bei diesen Institutionen angestellt. Vielfach wurden Subunternehmen mit der Anwerbung beauftragt.

Konkret davon betroffen ist der bis vor wenigen Monaten im Bawar Media Center BMC in Masar-e Scharif beschäftigte Ahmad Samim Jabari. Das Medienprojekt, in dem Jabari beschäftigt war, entstand kurz nach Beginn des deutschen Truppeneinsatzes in Kabul 2002 und wurde in alle Landesteile ausgedehnt. Die Bundeswehr betrieb bis Ende 2016 das Projekt hauptverantwortlich und innerhalb des Feldlagers in Masar-e Scharif und übergab es dann in afghanische Hände. Jabari hatte sich gemeinsam mit Kolleg*innen des Medienprojektes darum bemüht Visa zu erhalten. Als diese die Gefährdung thematisiert hatten, seien sie vom afghanischen Subunternehmer entlassen worden. Das Auswärtige Amt lehnte die Verantwortung für Jabari ab. Nach nd-Informationen aus Kreisen des Verteidigungsministeriums seien die Mitarbeiter*innen des BMC mittlerweile jedoch grundsätzlich aufnahmeberechtigt.

Bundeswehr-Soldat Marcus Grotian, der in Eigenverantwortung das Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte betreibt, hatte am Dienstag im Gespräch mit dem Journalisten Hans Jessen erläutert, wie fragwürdig die Anstellungsverträge mit den Ortskräften und den Subunternehmen umgesetzt worden sind. Via Twitter sind Kopien der Verträge einsehbar. Schutz wird darin nicht zugesichert. Jetzt stellen diese Arbeitsverträge ein Risiko dar. Einerseits benötigen Ortskräfte diese Nachweise für einen Visumsantrag. Andererseits stellen sie an Taliban-Straßensperren eine Lebensgefahr dar.

Der Umgang mit Mitarbeitern von Subunternehmen obliegt dem jeweiligen Ressort gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium, teilte das Auswärtige Amt dem »nd« auf Nachfrage mit. In der Bundespressekonferenz betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag, man wolle nicht mit dem Finger auf andere Ressorts zeigen. Das Regelverfahren für die Aufnahme von Ortskräften liefe seit Jahren problemlos. »Wir holen ja Ortskräfte seit 2013 nach Deutschland«, betonte Seehofer. Man würde Sicherheitsüberprüfungen notfalls auch in Deutschland vornehmen.

Eine Prognose zur Zahl der zu erwartenden Ortskräfte gebe es nicht. Ihm zugeschriebene Zahlen seien falsch, so Seehofer. »Wir helfen in Afghanistan und in der Region Afghanistan. Besonders schützenswerte Personen holen wir nach Europa und geben ihnen Schutz.«. Mit den beteiligten Ministerien habe man stets einvernehmlich gehandelt, behauptete der Minister. Wie es dennoch zum jetzt in Afghanistan sichtbaren Ergebnis gekommen ist, kann Seehofer auf »nd«-Nachfrage allerdings nicht erklären.

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