Mutmaßlicher Bombenbastler kandidierte für CDU

Hessische Linke: Wurde Vorfall vor der Bundestagswahl verheimlicht, um Konservativen nicht zu schaden?

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt gegen den 20-jährigen Marvin E. aus dem nordhessischen Spangenberg wegen Terrorverdachts. Bei dem Mann seien unter anderem rund 600 selbstgebaute Kleinsprengkörper gefunden worden, sagte jüngst eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft. Auch ein rassistisches Manifest, in dem über einen »Rassenkrieg« gesprochen wird, wurde demnach auf einer Festplatte entdeckt. Der Schreinerlehrling befindet sich seit Mitte September in Untersuchungshaft.

Die Vorwürfe lauten Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, sagte die Sprecherin. Die Wohnung des Verdächtigen in der Kleinstadt im Schwalm-Eder Kreis sei ursprünglich wegen eines möglichen Waffendelikts durchsucht worden. Dann seien die Sprengkörper sowie sechs sogenannte Spreng- und Brandvorrichtungen gefunden worden, die sich beispielsweise als Brief- oder Paketbomben einsetzen lassen. Nun werde das sichergestellte Material untersucht und ausgewertet. Die Staatsanwaltschaft wird hinzugezogen, wenn in Hessen ein Terrorverdacht im Raum steht, also die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Es drohen bis zu zehn Jahre Haft.

In den vergangenen Tagen wurden derweil weitere brisante Informationen über den Verdächtigen bekannt. Laut Berichten hatte Marvin E. zur Kommunalwahl im März auf der Liste der CDU kandidiert. Er trat demnach für die Stadtverordnetenversammlung und für einen Ortsbeirat an. Ein Mandat hatte er nicht gewonnen. Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Jörg Lange erklärte gegenüber dem »Hessischen Rundfunk«, dass er »geschockt und fassungslos« angesichts der Vorwürfe sei. Er betonte gleichzeitig, dass der Verdächtige kein CDU-Mitglied war, sondern sich als freier Bewerber auf die Wahllisten setzen ließ. »Seine Absichten waren und sind uns nicht bekannt«, hieß es in einer Stellungnahme der CDU Spangenberg. Die Ortsgruppe sprach von einem »Unterwanderungsversuch eines offenbar rechtsextremen jungen Mitbürgers«. Wann man von dem Verdacht erfahren habe, wollte man nicht sagen.

Abseits der Abgrenzungsbemühungen bleibt indes die Frage, warum der Vorfall erst zwei Monate nach der Festnahme des Verdächtigen bekannt wurde. »Wurde die Öffentlichkeit über den Fall deshalb nicht informiert, weil der Beschuldigte für die CDU aktiv war und die Festnahme kurz vor der Bundestagswahl erfolgte?«, fragte Torsten Felstehausen, der innenpolitische Sprecher der hessischen Linksfraktion. Für den Politiker würde sich damit die »skandalöse hessische Tradition fortsetzen, Fälle von Rechtsterror unter den Teppich zu kehren, wenn sie für die CDU unangenehm erscheinen«.

Felstehausen erinnerte weiter daran, dass auch im NSU-Komplex oder beim NSU 2.0-Skandal die Öffentlichkeit unzureichend oder falsch informiert worden sei. Innenminister Peter Beuth (CDU) und Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) müssten deshalb nun dringend beantworten, wann sie erfahren haben, dass der Beschuldigte CDU-Aktiver ist, so Felstehausen. »Es stellen sich darüber hinaus weitere Fragen, nämlich nach der Herkunft des Sprengstoffs und des Wissens darüber, sowie nach möglichen weiteren Straftaten und Beschuldigten.« Auch der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Günter Rudolph forderte am Sonntag den Innenminister auf, den Innenausschuss aufzuklären.

Über das CDU-Engagement des Verdächtigen hatte bereits früh der Blog der antifaschistischen Gruppe »task« aus Kassel berichtet. Auch dort vermutete man ein bewusstes Verzögern der Bekanntmachung. »Einen mutmaßlichen rassistischen Bombenbauer als Kandidaten für die Kommunalwahl aufgestellt zu haben, ist wahrlich keine gute Wahlwerbung«, heißt es in einem Statement der Antifaschisten. Es stelle sich die Frage, mit welchem politischen Kalkül Staatsanwaltschaft und Ermittlungsbehörden den Vorfall zwei Monate lang »geheim« hielten, während etwa die Verhaftung der Leipziger Antifaschistin Lina E. »in aller Öffentlichkeit breitgetreten wurde«.

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