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Die Bauern brauchen faire Preise
HEISSE ZEITEN - Die Klimakolumne: Was die Politik tun muss, damit Landwirte natur- und umweltgerecht wirtschaften können
Täglich hart arbeiten, ohne wirkliches Wochenende, und am Ende des Tages einen Lohn im Geldbeutel haben, der die Kosten nicht deckt? Lange Arbeitstage für miserable Stundenlöhne? Ist das Ihr Alltag? Meiner nicht und dafür bin ich dankbar.
Für Menschen in der Landwirtschaft ist das Realität. Sei es für selbstständige Bäuerinnen und Bauern, aber auch für ihre Angestellten und saisonalen Arbeitskräfte. Gerade in der Milchviehhaltung und aktuell in der Schweinemast sind die Preise - verzeihen Sie den Ausdruck - unter aller Sau. Die Folge: Immer weniger Menschen wollen in der Landwirtschaft arbeiten und immer mehr Höfe geben auf.
Über die viel zu niedrigen Erzeuger*innenpreise - also die Beträge, die Landwirt*innen für ihre Produkte bekommen - wird schon lange diskutiert. Doch eine Lösung ist nicht in Sicht. Landwirt*innen werden mit diesem Problem von der Politik leider alleine gelassen. Märkte werden nicht so geregelt, dass immer faire Preise an die Erzeuger*innen gezahlt werden. Die Marktmacht des Handels wird nicht wirksam eingegrenzt oder die Verhandlungsmacht der Produzent*innen nicht so gestärkt, dass dabei bessere Erzeuger*innenpreise herauskommen.
Gleichzeitig wird betont, wie wichtig die Agrarfördermittel aus Brüssel sind, um die Einkommen der Landwirt*innen zu stabilisieren. Ohne diese Gelder sähe es auf den Höfen ganz schön düster aus. Durchschnittlich 40 Prozent des Einkommens kommen aus diesen Fördermitteln, teilweise sogar bis zu 70 Prozent.
Für einen Umweltverband mag es auf den ersten Blick seltsam erscheinen, dass wir uns mit den Preisen beschäftigen, die Landwirt*innen für ihre Waren erhalten. Auf den zweiten Blick sieht man jedoch, wie Ökologie und Soziales auch hier zusammenhängen. Ich kann Landwirt*innen verstehen, wenn sie aus wirtschaftlichen Zwängen nicht natur- und umweltgerecht arbeiten können. Wenn Bäuerinnen und Bauern fair für ihre Arbeit entlohnt werden, dann werden auch Raum und die Bereitschaft entstehen, die eingeforderten gesellschaftlichen Leistungen zu erbringen. Für den Klimaschutz, eine gesunde Umwelt und für eine artgerechte Tierhaltung.
Die Zukunftskommission Landwirtschaft hat in ihrem Abschlussbericht gefordert, die pauschale Agrarflächenprämie, die momentan größtenteils wie mit einer Gießkanne über Europas Äcker und Wiesen gegossen wird, bis 2034 schrittweise abzuschaffen. Gleichzeitig sind Prämien aufzubauen, um die zusätzlichen gesellschaftlichen Leistungen auf den Bauernhöfen zu honorieren. Die Landwirt*innen müssen sich also darauf einstellen, dass die pauschale Flächenprämie immer weniger zu ihrem Einkommen beiträgt. Von der Politik können sie erwarten, dass sie diesen Transformationsprozess begleitet. Ein wichtiger Baustein sind Rahmenbedingungen für faire Erzeuger*innenpreise.
Wie das gelingen kann, wollte der BUND vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) wissen. Die Studie dazu wurde jetzt veröffentlicht. Das Ergebnis: Besonders entscheidend für faire Preise ist eine Mischung aus verschiedenen Instrumenten des Ordnungsrechts, der Marktregulierung und der Verbraucher*inneninformation. Viele Vorschläge bietet die Untersuchung des FÖS, um höhere Erzeuger*innenpreise erzielen zu können. Zu den nötigen Schritten gehört beispielsweise, dass der Lebensmittelhandel Erzeuger*innen keine Ware unter ihrem Selbstkostenpreis abnimmt. Wenn sich Händler*innen nicht selbst dazu verpflichten, brauchen wir dafür Gesetze. Das Verbot von irreführender Werbung oder Billig-Fleischangeboten ist längst überfällig. Und auch das Entflechten von wenigen, mächtigen Handels-Oligopolen, die massiv Druck auf die Bäuerinnen und Bauern ausüben, muss diskutiert werden.
Wir sehen in dieser FÖS-Studie einen klaren Auftrag an die neue Bundesregierung, die Transformation hin zu einer klima- und umweltfreundlichen Landwirtschaft voranzubringen. Die Zukunftskommission hat einen breit getragenen Impuls für die Transformationsschritte in der Landwirtschaft vorgelegt, die in den kommenden Jahren notwendig ist. Nun ist die Politik am Zug.
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