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Ein harter Kerl
Ahmed Nasser Al-Raisi soll gefoltert haben, jetzt steht er Interpol vor
Warum schmückt sich die internationale Polizeiorganisation Interpol mit einem mutmaßlichen Folterer als Präsidenten? Soll ein harter Kerl an der Spitze potenzielle Verbrecher auf der ganzen Welt das Fürchten lehren, gemäß dem Motto: Hier foltert der Chef persönlich? Generalmajor Ahmed Nasser Al-Raisi steht den Sicherheitskräften der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) vor und wurde am Donnerstag in Istanbul zum neuen Interpol-Präsidenten bestimmt.
Die Organisation Gulf Center for Human Rights (GCHR) beschuldigt Al-Raisi der Folter des seit 2017 inhaftierten Regierungskritikers Ahmed Mansur. Dieser befinde sich in einer winzigen Zelle - ohne Matratze und Zugang zu medizinischer Versorgung oder sanitären Einrichtungen. In Frankreich und der Türkei liegen Klagen wegen Folter vor. Human Rights Watch und 18 weitere Menschenrechtsorganisationen hatten Al-Raisi vorgeworfen, als »Teil des Sicherheitsapparates« der VAE »systematisch gegen die friedliche Opposition« in den Emiraten vorzugehen.
Auf den prestigeträchtigen Posten gelangte er wohl nur, weil die VAE sich anscheinend systematisch Einfluss bei Interpol erkaufen: 2017 seien rund 56 Millionen Dollar zugesagt worden, etwa ein Drittel des Jahresbudgets, schreibt die Nachrichtenwebseite »Middle East Eye«. Laut einem Bericht ist die gemeinnützige Interpol Foundation for a Safer World, die 2018 der drittgrößte externe Beitragszahler von Interpol war, »völlig von den VAE abhängig«; ihr »einziger Zweck« scheine darin zu bestehen, »ein Kanal zu sein, über den Geld von der VAE-Regierung zu Interpol geleitet wird«. Al-Raisi trat 1980 in die Polizei von Abu Dhabi ein, seit 2015 amtiert er als Generalinspektor des Innenministeriums. Er wolle Interpol modernisieren, schrieb er in einer Zeitung, und betonte das Thema Cybersicherheit: vielleicht um im Netz Kritik an Menschenrechtsverletzungen besser kontrollieren zu können.
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