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Pick-Up-Attacke: Anklage zugelassen
Ein Angriff auf einen antifaschistischen Protest wird bald am Landgericht Kiel verhandelt.
Die Auto-Attacke eines sich im rechtsextremistischen Milieu bewegenden Mannes mit einem Pick-Up gegen Besucher eines antifaschistischen Protestes wird juristisch als bedingter Tötungsvorsatz bewertet. Die vor knapp fünf Monaten von der Staatsanwaltschaft verfasste Anklage gegen Melvin S. (20) wurde vom Landgericht Kiel nun zugelassen und lautet versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr.
Es passierte am 17. Oktober 2020 am Rande einer Parteiveranstaltung mit dem AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen in Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg). Aus heutiger Sicht ist es wohl nur großes Glück gewesen, dass es bei dem Auto-Angriff, bei dem das Fahrzeug auf dem Bürgersteig und sogar am Randstreifen vier Personen erfasste, bei den Opfern nur zu vergleichsweise leichten Verletzungen führte. Diese waren bereits alle im Begriff, sich vom Protestgeschehen zu entfernen. Weitere Passanten konnten sich nur durch einen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen. Bei einem der Verletzten handelte es sich um ein Mitglied des ver.di-Jugendvorstandes Pinneberg-Steinburg. Alle Betroffenen haben auch ein Jahr nach dem Vorfall psychisch unter dem Angriff zu leiden.
Anfangs wurde in der Kommunikation der Polizei nur von einem herkömmlichen Verkehrsunfall gesprochen. Dieser Darstellung wurde seitens der Initiative »Aufstehen gegen Rassismus« von Beginn an widersprochen. Für das Bündnis handelte es sich eindeutig um einen Anschlag, bei dem das Auto zielgerichtet als Waffe eingesetzt wurde. Ein Augenzeuge widersprach direkt nach der Tat der Verharmlosung, nur wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu ermitteln: »Der Fahrer hat beschleunigt und den Wagen bewusst auf den Fußweg gesteuert.«
Im Verlauf der nach der Kfz-Attacke verständlicherweise aufkommenden Aufregung hatte ein herbeieilender Polizeibeamter sogar einen Warnschuss abgegeben. Wenige Tage nach dem Vorfall hatte Landespolizeidirektor Michael Wilksen in einer Innen- und Rechtsausschusssitzung des Kieler Landtages bereits davon gesprochen, dass das beteiligte Fahrzeug offenkundig gezielt eingesetzt wurde. Diese Vermutung erhärtete sich dann im Verlauf der Ermittlungen durch ein Gutachten eines Unfallsachverständigen.
Vor der Tat hatte der Fahrer, der aus der Nähe von Bad Bramstedt kommt, in Begleitung von drei weiteren jungen Männern mehrere der ungefähr 250 Gegendemonstranten provoziert und damit seine Gesinnung deutlich geoutet. Das Quartett wurde zudem beobachtet, wie es Sticker der völkischen Initiative »Ein Prozent für unser Land« verklebte.
Der AfD fiel nach dem Zwischenfall im Übrigen nichts Besseres ein, als sich über die aggressive Stimmung der Antifa vor dem Tagungsort zu beklagen. Der Prozess wird vor der Jugendkammer des Landgerichts Kiel stattfinden, weil der mutmaßliche Täter zum Tatzeitpunkt mit 19 Jahren juristisch noch als Heranwachsender betrachtet wird. Ein Termin dafür liegt allerdings noch nicht vor.
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