Spahns fehlende Einsicht

Martin Ling über fehlende globale Impfgerechtigkeit

So schnell reagiert der Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn auf Corona-Gefahren selten. Wegen einer neuen, möglicherweise gefährlicheren Virusvariante aus Südafrika schränkt die Bundesregierung den Flugverkehr ein. Sicher nicht verkehrt, aber nicht nur Christian Drosten und Lothar Wieler werden sich über diese Handlungsschnelligkeit wundern, die nach ihren x-fachen Warnungen zur innerdeutschen Corona-Entwicklung regelmäßig ausblieb.

Von Anfang an hatte die Wissenschaft klargestellt: Die Corona-Pandemie ist erst vorbei, wenn sie für alle vorbei ist. Denn nur wenn global relativer Herdenschutz erreicht ist, wird das Risiko von Corona-Mutanten minimiert, die im schlimmsten Falle den relativ guten Schutz der vorhandenen Impfstoffe komplett aushebeln.

Auch Gesundheits- und Entwicklungsorganisationen haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass nur mit globaler Impfgerechtigkeit die Corona-Pandemie überwunden und das Menschenrecht auf Gesundheit umgesetzt werden kann. Am Donnerstag unterstrich dies abermals der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe (VENRO).

In der Realität wird die globale Gerechtigkeitslücke immer größer. Die internationale Initiative Covax konnte bisher nur einen Bruchteil der geplanten Impfdosen an die 92 ärmsten Länder liefern. Und die schon lange geforderte vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes bleibt ebenso aus. Dabei wäre das eine wesentliche Voraussetzung dafür, um die verfügbaren Mengen an Impfdosen zu erhöhen und die Produktionskapazitäten besonders im Globalen Süden auszubauen. Bei der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation kommende Woche könnte sich die Bundesregierung für eine vorübergehende Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte auf alle medizinischen Technologien zur Eindämmung der Pandemie einsetzen - wenn sie es mit globaler Corona-Bekämpfung ernst meinte.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.