Vergessene Pandemie

UN-Organisation warnt vor 7,7 Millionen zusätzlichen Aids-Toten in den nächsten Jahren

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Genf. Vor 40 Jahren wurden die ersten Fälle einer neuartigen Immunschwächeerkrankung festgestellt, aber erst 1983 konnte das HI-Virus als deren Verursacher identifiziert werden. Seither sind weltweit 36,3 Millionen Menschen an Aids gestorben. Anlässlich des diesjährigen Welt-Aids-Tages hat die UN-Organisation Unaids vor den verheerenden Folgen der Corona-Pandemie für den Kampf gegen HIV und Aids gewarnt. In den kommenden zehn Jahren drohe die Zahl der Aids-Toten um 7,7 Millionen zu steigen, falls die politisch Verantwortlichen nicht mehr Gelder in den Kampf gegen die Krankheit lenken, warnten Vertreter des Hilfsprogramms am Montag in Genf.

Die Regierungen der Welt müssten den Kampf gegen HIV-Aids und die Corona-Pandemie entschlossen fortsetzen, mahnte Unaids-Exekutivdirektorin Winnie Byanyima. Nur so könne das UN-Ziel, die Aids-Epidemie bis 2030 zu beenden, noch erreicht werden. Durch Lockdowns, Grenzsperrungen und Umschichtungen in den Gesundheitsetats im Zuge der Corona-Pandemie sei der Kampf gegen Aids untergraben worden, sagte Byanyima. So seien viel weniger Menschen auf eine HIV-Infektion getestet worden, und weniger Infizierte hätten eine lebensverlängernde Therapie begonnen.

Zudem seien Präventionsprogramme etwa für Drogenabhängige zurückgefahren worden. Nach Angaben von Unaids infizierten sich im Jahr 2020 rund 1,5 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus, in einigen Ländern sei 2020 die Zahl der Neuinfektionen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insgesamt lebten demnach im vergangenen Jahr 37,7 Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion, rund 680 000 Kinder, Frauen und Männer starben 2020 an der Krankheit.

Die Entwicklungsorganisation One wies darauf hin, dass HIV-positive Menschen deutlich anfälliger für schwere Corona-Verläufe sind. Sie hätten nicht nur eine höhere Infektionsgefahr, sondern eine doppelt so hohe Sterberate bei einer Erkrankung an Covid-19. Zwei Drittel der HIV-Infizierten leben laut Unaids in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, wo im Schnitt nur vier Prozent der Bevölkerung vollständig gegen Corona geimpft sind.

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) machte am Dienstag darauf aufmerksam, dass Frauen und Mädchen besonders gefährdet sind: Zwei von drei HIV-Infektionen (63 Prozent) in Subsahara-Afrika entfallen laut DSW auf diese Gruppe. Jede vierte neue HIV-Infektion in Afrika südlich der Sahara betrifft Mädchen und Frauen zwischen 15 und 24 Jahren. Das Risiko, sich mit HIV anzustecken, ist für sie doppelt so hoch wie für Jungen und Männer derselben Altersgruppe.

Gegen das HI-Virus gibt es nach wie vor keinen Impfstoff - trotz jahrzehntelanger Forschung. Und der Körper entwickelt auch keine Immunität gegen das Virus. Zudem, sagt Olivier Schwartz vom Institut Pasteur in Paris, mutiere das HI-Virus viel leichter als das Coronavirus. Deshalb sei es »schwieriger, Antikörper mit einem breiten Spektrum zu erzeugen, die die Infektion blockieren könnten«. Nicolas Manel vom französischen Gesundheitsforschungszentrum Iserm bedauert, dass für die Entwicklung der Corona-Impfstoffe riesige Summen bereitgestellt wurden, während der Aids-Forschung solche Mittel nicht zur Verfügung stünden. Dabei wäre eine Impfung die einzige Möglichkeit, Aids auszurotten. nd/Agenturen

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