Taliban töten Sicherheitskräfte

Human Rights Watch zählt 100 Hinrichtungen in vier Provinzen

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 2 Min.

Kabul. Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sind seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zahlreiche ehemalige Sicherheitskräfte der Regierung verschwunden oder exekutiert worden. Taliban hätten in vier der 34 Provinzen des Landes mehr als 100 ehemalige Soldaten, Polizisten oder Geheimdienstler hingerichtet oder verschwinden lassen, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Die Untersuchungen fanden in den Provinzen Ghazni, Helmand, Kandahar und Kundus statt. Die Führung der Taliban habe ihre Mitglieder angewiesen, Mitglieder von Einheiten, die sich ihnen ergeben hatten, zu registrieren. Daten aus zurückgelassenen Arbeitsverträgen der ehemaligen Regierung wurden genutzt, um Ex-Sicherheitskräfte zu finden. Die Taliban-Führung hatte bereits Monate vor der Machtübernahme eine Generalamnestie für alle Sicherheitskräfte erklärt und diese auch nach dem Fall der Hauptstadt Kabul mehrmals erneut bekräftigt. Afghanistan war weitgehend kampflos an die Islamisten gefallen. In mehreren Provinzen ergaben sich die Sicherheitskräfte in Massen.

»Die von den Taliban versprochene Amnestie hat lokale Kommandeure nicht davon abgehalten, ehemalige Sicherheitskräfte zu exekutieren«, sagte Patricia Gossmann, Leiterin der Asien-Abteilung bei HRW. In einer Antwort auf die Ergebnisse des HRW-Berichts hätten die Taliban erklärt, dass sie 755 für Übergriffe verantwortliche Mitglieder entlassen und Militärtribunale für Mord, Folter und rechtswidrige Festnahmen eingerichtet hätten. Informationen zur Untermauerung ihrer Behauptung seien jedoch nicht vorgelegt worden.

Lesen Sie auch »Taliban wollen Hilfe bei Flughafenbetrieb«
von Daniel Lücking

»Es war vorhersehbar, dass so etwas geschieht«, sagte die Linke-Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut dem »nd«. Sie sieht das Auswärtige Amt mitverantwortlich und dringt darauf, dass ausstehende Evakuierungsanfragen »so schnell und unkompliziert wie möglich realisiert werden«. Die Bundesregierung habe sich vor ihrer Verantwortung viel zu lange gedrückt und der Sicherheit der verbündeten afghanischen Ortskräfte keine Priorität beigemessen. »Die allermeisten Aufnahmezusagen erfolgten erst, als die militärische Evakuierungsmission längst im Gange war. Viele Ortskräfte erhielten ihre Aufnahmezusage sogar erst, nachdem der letzte Flieger abgehoben hatte«, kritisierte Akbulut. Sie bezeichnete die Versäumnisse als unverantwortlich. »Die Bundesregierung muss deshalb alles tun, um diese Menschen zu retten. Das ist sie den Betroffenen auch schuldig«, so Akbulut. Laut Auswärtigem Amt habe Botschafter Markus Potzel den Bericht im Rahmen von Gesprächen gegenüber den Taliban thematisiert und deutlich gemacht, diese an ihren Taten messen zu wollen. Mit dpa

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -