Ohne schwarzen Klotz am Bein

Jahresrückblick: Mecklenburg-Vorpommern wird nach vielen Jahren wieder von Rot-Rot regiert

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht nur im Bund sind die Sozialdemokraten im zu Ende gehenden Jahr die CDU als Partnerin losgeworden. Auch in Mecklenburg-Vorpommern entledigte sich die SPD der Konservativen, mit denen sie zuvor seit 2006 zusammen regiert hatte. Die CDU war bei der Landtagswahl am 26. September bei nur noch 13,3 Prozent der Stimmen gelandet. Das waren 5,7 Prozentpunkte weniger, als die Christdemokraten vor fünf Jahren für sich verbuchten. Die SPD dagegen konnte sich bei 39,6 Stimmenprozent über einen Zuwachs von neun Prozentpunkten freuen. Sie hatte freie Auswahl«bei der Entscheidung für einen Partner und erkor die Linkspartei. Für diese hatten 9,9 Prozent der Wählerinnen und Wähler gestimmt. Damit musste die Partei einen Verlust von 3,3 Prozentpunkten hinnehmen, ging aber trotzdem in die Regierung.

Sonderparteitage von SPD und Linkspartei hatten dem rot-roten Bündnis zugestimmt. Seitens vieler Sozialdemokraten, das war aus dem Kreis der Delegierten zu hören, ist man froh, den Koalitionspartner CDU los zu sein. Er sei »ein schwarzer Klotz am Bein« gewesen, wurde resümiert.

Auch die AfD musste bei der Landtagswahl Federn lassen. Das Wahlergebnis der Rechtspopulisten sank um 4,1 Prozentpunkte auf 16,7 Stimmenprozent. Grünen und FDP gelang knapp der Einzug in den Schweriner Landtag. Dass die Sozialdemokraten dort die meisten der 79 Abgeordneten-Plätze einnehmen, 34 an der Zahl, dürften sie wesentlich ihrer Genossin Manuela Schwesig verdanken. Zum einen ist ihr die Sympathie eines beachtlichen Teils der Bevölkerung sicher, zum anderen wird ihr und damit der SPD der Amtsbonus als Ministerpräsidentin zugutegekommen sein. Die Corona-Pandemie war womöglich ebenfalls eine, wenn auch unwillkommene Wahlhelferin der Sozialdemokraten. Die Pandemiebekämpfung fällt in weiten Bereichen in die Kompetenz der Länder. Deren Entscheidungen und Appelle im Zusammenhang mit dem Virus werden zumeist von den jeweiligen Regierungschefinnen oder -chefs verkündet. Im Nordosten eben von Schwesig, was ihr vor der Wahl eine entsprechende Medienpräsenz verschaffte.

Diese Präsenz wiederum mag sich auf das Abstimmungsverhalten der Wählerinnen und Wähler ausgewirkt haben, die sich in diesem Jahr rege an der Entscheidung über ihr Landesparlament beteiligten. Exakt 70,8 Prozent der rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten im Nordosten gaben ihre Stimmen ab. Der neue Landtag hat mittlerweile mehrere Sitzungen, auch speziell zur Corona-Lage, absolviert. Auf der ersten, der konstituierenden Sitzung, wurde die bis dahin amtierende Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) von 59 der 79 Abgeordneten in ihrer Funktion bestätigt. Auch die zweite Zusammenkunft des Plenums, dazu war im November eingeladen worden, war von einer Personalie geprägt. Die Regierungschefin des Landes wurde gewählt. Mit 41 von 79 abgegebenen Stimmen entschieden die Parlamentarier, dass Ministerpräsidentin Schwesig im Amt bleibt.

Auf der Sitzung Mitte Dezember beschloss das Plenum die erneute Einsetzung eines Ausschusses zum Thema »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU). Nach wie vor sollen die Hintergründe des rechten Terrornetzwerks erörtert werden. Für den Ausschuss stimmten SPD, Linkspartei, FDP und Grüne. CDU und AfD enthielten sich. Zu Beginn der Sitzung hatte sich Schwesig mit ihrer Regierungserklärung an Plenum und Zuhörer gewandt. Die Ministerpräsidentin kündigte an, was in den kommenden Jahren auf Grundlage des Koalitionsvertrages verbessert werden solle. Im Bereich der Umwelt gibt es demnach viel zu tun. Sonne und Wind, im Nordosten reichlich vorhanden, sollten an die Stelle von Kohle, Erdöl und Atomkraft treten. Höhere Löhne müssten durch tarifgebundene Bezahlung bei Firmen erreicht werden, die sich um öffentliche Aufträge bemühen. Als die derzeit drängendste Aufgabe stellte die Regierungschefin aber den Kampf gegen die Corona-Pandemie heraus. »Der beste Schutz vor Corona ist die Impfung«, betonte die SPD-Politikerin.

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