Die besinnliche Zeit hat auch ihre Tücken

10 Fragen zu Weihnachten und Silvester

  • Wibke Werner
  • Lesedauer: 6 Min.

Wer zu Weihnachten und Silvester ohne Anecken beim Vermieter oder den Nachbarn durchkommen will, tut gut daran, einige Regeln zu beachten, die auch anderen einen friedfertigen Jahresausklang garantieren.

1. Darf ich den Weihnachtsbaum nach dem Ende der Festtage zwecks Entsorgung aus dem Fenster werfen?

Achtlos einen Weihnachtsbaum aus dem Fenster zu werfen, kann bekanntlich zu Schaden an Mensch und Tier und damit zu hohen Schmerzensgeldforderungen führen, so dass von dieser Variante abzusehen ist. Dagegen bietet sich an, den abgeschmückten Baum in kleine Stücke zu zersägen und in der Biomülltonne zu entsorgen. Da dies wegen des vollgenadelten Treppenhauses und nicht mehr möglicher Biomüllentsorgung den Unmut der Nachbarn auf sich ziehen dürfte, ist es besser, dafür die Entsorgungstermine der Stadtreinigung zu nutzen.

2. Im Gegensatz zu gelegentlichen Essensdüften im Treppenhaus kann der ständige Geruch nach Gänsebraten und Weihnachtskeksen schon einmal die Laune verderben. Darf die Miete gemindert werden?

Grundsätzlich gehören Kochen und Backen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Nur wenn die Kochgerüche »eine durchgängige erhebliche Belastung darstellen und das Maß des Empfindens eines Durchschnittsmenschen überschreiten« (Landgericht Essen, Az. 10 S 491/98), kann ein Mietminderungsrecht in Betracht kommen. Da Gänsebraten und Vanillekipferl zur Weihnachtszeit gehören, dürfte sich der festlich eingestimmte »Durchschnittsmensch« kaum gestört fühlen und die vorübergehende Geruchsoffensive nicht zur Mietminderung berechtigen.

3. Darf ich Fenster und Balkon nach Belieben weihnachtlich dekorieren?

Erlaubt ist, was weder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, noch die Substanz der Hausfassade beschädigt oder das Recht der Nachbarn auf einen vertragsgemäßen und weitestgehend ungestörten Gebrauch ihrer Wohnung beeinträchtigt.

4. Was gilt für die Dekoration im Treppenhaus?

Das Landgericht Hamburg (Az. 333 S 11/15) sagt hierzu, dass das ganzjährige Anbringen von Dekorationsobjekten an der Wohnungseingangstür vom Mitbenutzungsrecht des Mieters umfasst sein kann, womit zumindest der Weihnachtskranz an der Wohnungstür unproblematisch sein dürfte. Wer aber kleine »Stehrumchens« auf den Fensterbrettern verteilt, Lichterketten am Geländer anbringt oder Räucherkerzen vor sich hin qualmen lässt, sollte sich bewusst machen, dass der »vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache« den Mieter nicht dazu befugt, außerhalb seiner Wohnung umfängliche »Gestaltungsarrangements« zu installieren und damit andere Mieter vom üblichen Gebrauch des Treppenhauses auszuschließen (Amtsgericht Münster, Az. 38 C 1858/08).

5. Darf gemeinsames Adventssingen im Innenhof veranstaltet werden?

Während sich die meisten Nachbarn über eine solche Darbietung erfreut zeigen und in den Gesang mit einstimmen dürften, ist es gerade in Berlin nicht auszuschließen, dass ein Nachbar das Singen überhaupt nicht gutheißt. Hier gilt: Außerhalb der Ruhezeiten von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens ist ähnlich wie beim Üben eines Musikinstruments nichts gegen diese einmalige Gemeinschaftsaktion einzuwenden, sofern ein angemessener Zeitrahmen eingehalten wird. Wie immer ist die Rücksichtnahme auf die lieben Nachbarn das Gebot der Stunde.

6. Darf die Haushaltskasse durch den Verkauf selbst gekochten Glühweins vorm Haus aufgebessert werden?

Muss womöglich aufgrund der Corona-Pandemie auf den alljährlichen Glühweingenuss auf Weihnachtsmärkten verzichtet werden, kann einem die Idee kommen, vor der Haustür einen Stand aufzubauen und vorbeilaufenden Passanten in weihnachtlicher Stimmung Glühwein und Rumkugeln zum Kauf anzubieten. Das geht leider nicht. Einerseits kann der Vermieter eine derartige gewerbliche Nutzung des Bereichs vor dem Wohnhaus untersagen. Aber auch das Ordnungsamt wird nicht lange mit einer Untersagungsverfügung auf sich warten lassen, da es sich ohne Sondernutzungserlaubnis und Ausschankgenehmigung um eine unerlaubte Spontanaktion handelt, die am Ende auch noch teuer werden kann.

7. Muss der Vermieter für ausreichend Papiertonnen in der Weihnachtszeit sorgen?

Während schon ganzjährig die Papiertonnen vom zunehmenden Verpackungsmüll ächzen, kommt es spätestens am 25.12. zum Papiertonnen-Gau, wenn die Bescherung am Vorabend noch mehr Geschenkpapier hervorgebracht hat. Eine Mietminderung kommt hier jedoch nur in Frage, wenn grundsätzlich eine zu geringe Zahl von Mülltonnen zur Verwahrlosung des Müllplatzes führt (Amtsgericht Berlin-Lichtenberg, Az. 6 C 239/03). Der absehbare jährliche Papierentsorgungsstau nach den Weihnachtstagen dürfte hierfür noch nicht genügen.

8. Dürfen ungewollte Geschenke ins Treppenhaus oder vor die Haustür gestellt werden: »zu verschenken«?

Trotz der alljährlich getroffenen Verabredung »Wir schenken uns diesmal nichts« wird sich der eine oder andere Weihnachtsgast nicht davon abbringen lassen, mit schnell erbeuteten Schnäppchen zur Beglückung seiner Mitstreiter am Heiligen Abend zu sorgen. Da bleibt nur, am nächsten Tag die Bescherung für die Nachbarn in das Treppenhaus zu verlagern und dort das gut gemeinte Objekt am besten eingepackt im Original-Papier (wegen der Papiertonne) anzubieten. Aber Achtung: Nimmt es überhand, kann der Vermieter diese zweckfremde Nutzung des Treppenhauses untersagen. Wird der Tauschhandel vor die Haustür verlagert, greifen sogar die Verbotsregelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, die das als illegalen Müll im öffentlichen Straßenland verstehen und mit Bußgeld belegen.

9. Die Silvesterparty der Nachbarin geht immer bis weit nach Mitternacht - Grund für Mietminderung?

Alle Jahre wieder kommt erst das Christuskind und dann die laute Silvesterparty der Nachbarn. Ist sie in fester Überzeugung ihres Rechts, einmal im Jahr eine große Party feiern zu dürfen, nicht von dieser Tradition abzubringen, bleibt wohl nur, eine großzügige Mietminderung zu kalkulieren und in Vorfreude auf die klingelnde Kasse der Party entgegenzusehen oder?

Ganz so ist es leider nicht. Zwar gibt es kein Recht, einmal im Jahr eine große Party feiern zu dürfen. Auch gilt die gesetzliche Nachtruhe grundsätzlich in der Silvesternacht (wenn auch deutlich eingeschränkt). Doch dürfte ein im Grundsatz gegebenes Mietminderungsrecht so klein bemessen sein, dass sich der Aufwand nicht lohnt, das anzustreben. Da ist die gegenseitige Rücksichtnahme zielführender, also entweder die Nachbarn zu bitten, ab 1 Uhr nachts die Musik leiser zu stellen oder einfach mitzuschwofen.

10. Übernimmt die Versicherung Schäden an Wohnung und Gebäude durch (illegale) Feuerwerkskörper?

Die Silvesternacht ist des einen Freud, des anderen Leid. Doch was ist, wenn die lieben Nachbarn ihre auf Umwegen erworbenen Silvesterraketen auf dem Balkon in Stellung bringt? Bekanntlich gibt es einen Bund-Länder-Beschluss zum Böllerverkauf - auch vor dem Hintergrund, dass durch das Verbot die Kliniken entlastet werden soll. Übrigens gibt es in den Bundesländern abweichende Regelungen. So dürfen in Berlin Böller aus Vorjahresbeständen abgefeuert werden.

Abgesehen von dem verordneten Böllerverbot haben Raketen ohnehin auf Balkonen nichts zu suchen. Kommt es durch Raketen zu Schäden, steht der Verursacher in der Pflicht. Weil das Abfeuern von Raketen auf dem Balkon eine Pflichtverletzung ist, streikt in diesem Fall auch die Haftpflichtversicherung. Aus: MieterMagazin 12/2021

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